Märchen berühren die Seele. Christiane Delfs-Findeisen ist professionelle Märchenerzählerin und Kunsttherapeutin. In ihren Malen-nach-Märchen-Kursen hilft sie Menschen, ihre wahren Wünsche zu erkennen.
Es war einmal … ein kleines Mädchen. Das saß gerne am Eisenofen in der Küche seiner Großmutter und schaute ihr beim Kochen zu. Denn immer, wenn das Essen über dem Feuer garte, erzählte die alte, grauhaarige Großmutter Geschichten – und das kleine Mädchen hörte ihr gebannt zu.
Seit diesen Tagen ist einiges geschehen: Christiane Delfs-Findeisen ist erwachsen geworden, hat jung geheiratet, drei Kinder bekommen, sich scheiden lassen und die Geschichten ihrer Großmutter fast vergessen. Doch irgendwann träumte die heute 57-Jährige nachts Szenen aus ihren damals liebsten Märchen. Weil sie wissen wollte, was hinter den Träumen steckt, beschäftigte sie sich intensiv mit ihnen und entdeckte so ihre Liebe für die Geschichten ihrer Kindheit wieder. „Besonders mag ich ihre Sprache und dass sie, obwohl sie so alt sind, von aktuellen Problemen handeln“, erzählt sie und rückt ihre randlose Brille zurecht. „Sie sind Symbolgeschichten über alles, was einem im Leben passieren kann, von der Geburt bis zum Tod, verschlüsselt in Bildern.“
Gemeinsam mit einer Freundin meldete sich Christiane bei der Europäischen Märchengesellschaft an, einem Verein, der sich der Bewahrung der Märchen verschrieben hat. Hier ließ sich die pädagogische Assistentin mit dem sympathischen Lächeln zur Märchenerzählerin ausbilden. Sie lernte Sprech- und Atemtechniken, die richtige Betonung und natürlich Märchen. 180 Geschichten hat Christiane mittlerweile im Repertoire – mit und ohne Bären, von den Brüdern Grimm bis zu Elsa Sophia von Kamphoevener, vom „Froschkönig“ bis zu „Von Tieren, Menschen und fremden Ländern“. Die Texte kennt sie alle auswendig.
„Zuerst habe ich nur für meine Familie Märchen erzählt, weil ich nicht dachte, dass es viele Menschen interessiert“, sagt sie. Doch die Nachfrage war so groß, dass die Frau mit der kleinen, tätowierten, grün-blauen Krone auf der Schulter, ihrem Markenzeichen, seit 20 Jahren Märchenstunden abhält – wie am 19. April bei der gemeinnützigen Organisation „Kuddel“ in der Herthastraße in Kiel-Wik. Hier wird sie Bärenmärchen erzählen. „Darauf freue ich mich sehr, denn Bären sind meine liebsten Figuren.“
2002 entschied sich Christiane für eine Weiterbildung zur tiefenpsychologischen Kunsttherapeutin. „Da unsere Seele in Bildern denkt, was liegt näher, als sie mithilfe von Bildern sprechen zu lassen. Durch das Malen von Märchenszenen kann man ihr Gehör verschaffen“, erklärt sie. In ihren Kursen malen die Teilnehmer deshalb eine Szene aus dem Märchen, das sie erzählt. Künstlerisch begabt sein muss man nicht. Hinterher wird das Werk besprochen und auf Inhalt und Farben analysiert. Ein Konzept, dass sich bewährt hat: Regelmäßig erzählt die Kielerin auf Psychiatriestationen, malt in der Stadtmission mit Kindern aus suchtbelastetem Umfeld und gibt Kurse für Interessierte. „Ich sehe mich selbst als Hebamme für verschlüsselte innere Botschaften“, sagt sie. „Märchen berühren die Seele.“ … und wenn sie mit dem Herzen erzählt werden, so leben sie noch heute. (kris)
Weitere Infos:
Christiane Delfs-Findeisen
Tel.: (0431) 20 50 91 44
christiane.findeisen@t-online.de
www.maerchen-machen-mut.de
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