Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) blockiert das EU-Aus für Verbrenner-Motoren in Kraftfahrzeugen ab 2035. Synthetische Kraftstoffe, so genannte eFuels, sollen zur Dekarbonisierung zugelassen werden. Anton Willer-Geschäftsführer Axel Niesing erklärt die Vorteile der neuen Technologie.
Wie würden Sie das Prinzip von eFuels mit einfachen Worten beschreiben?
Axel Niesing: eFuels sind regenerative Kraftstoffe, mit denen alle Verbrennungsmotoren CO2-neutral betrieben werden können. Anders als bei der E-Mobilität kann alles Vorhandene klimafreundlich weiter betrieben werden. eFuels werden aus Erneuerbarem Strom und der Atmosphäre entnommenem CO2 produziert – und zwar in besonders wind- oder sonnenreichen Weltregionen, in denen Grünstrom um ein Vielfaches effizienter und günstiger erzeugt werden kann als in Deutschland. Bei ihrer Verbrennung setzen die Kraftstoffe exakt soviel CO2 frei, wie zuvor der Atmosphäre entnommen wurde. Deshalb sind sie CO2-neutral.
Warum ist das eine gute Alternative zu herkömmlichem Kraftstoff?
Der Verkehrssektor mit herkömmlichen, fossilen Kraftstoffen ist bekanntlich für knapp 20 Prozent der deutschen CO2-Emissionen verantwortlich. Mit eFuels können alle vorhandenen und zukünftige Verbrennungsmotoren – im Straßenverkehr, in der Luft, im Wasser und auf der Schiene – wirksam dekarbonisiert werden. Und das perspektivisch zu Kosten, die sich allenfalls geringfügig über den aktuellen Spritpreisen bewegen werden.
Gutes Stichwort! Ist schon absehbar, was ein Liter eFuels kosten wird?
Die Produktkosten sollten in Zukunft deutlich unter 1 Euro/Liter liegen. Mit Steuern etc.
dann vermutlich gleichauf mit fossilen Kraftstoffen, bei denen ja auch mit Preissteigerungen durch CO2 Abgaben zu rechnen ist. Auch der Preis für den hierzulande knappen Strom dürfte hoch bleiben und Mobilität insgesamt eher teurer werden.
Inwiefern sind eFuels nachhaltig?
Alle Verbrenner und die gesamte Infrastruktur können unverändert klimaneutral weiterbetrieben werden. Die Erdölförderung wird zukünftig überflüssig. Für die E-Mobilität muss die gesamte Infrastruktur neu geschaffen und der komplette Fuhrpark ersetzt werden – mit enormen Bedarf an Rohstoffen wie Kupfer, Kobalt und Seltenen Erden. Dazu kommt, dass wir in Deutschland aktuell nur gut fünf Prozent unseres Primärenergiebedarfs mit Sonnen- oder Windstrom decken. E-Fahrzeuge sind schon heute mangels grünem Strom primär mit Kohlestrom unterwegs.
Was wären die Hürden bei der Umstellung meines Kfz auf synthetische Kraftstoffe?
Es gibt keine! Alle Kraftfahrzeuge können unverändert, ohne irgendwelche Modifikationen weiter genutzt werden. Die chemische Zusammensetzung des Kraftstoffs ist identisch, nur der Herstellungsprozess ist ein anderer, nämlich nachhaltig.
Ist die E-Mobilität die einzige Lösung, wenn es um die Zukunft der Automobilindustrie geht?
Ganz sicher nicht. China hat sich frühzeitig Zugriff auf den Großteil der benötigten Rohstoffe gesichert und wittert in Europa große Chancen für seine Automobilindustrie. Durch billigen Kohlestrom und niedrige Arbeitslöhne haben chinesische Elektroautos natürlich erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber deutschen bzw. europäischen Produkten. Die deutschen Autobauer sind weltweit führend bei Verbrennungsmotoren. Mit eFuels klimaneutral betrieben, kann die technologische Führerschaft und Wettbewerbsfähigkeit von VW, BMW & Co. auch zukünftig erhalten bleiben – und hunderttausende von Jobs bei den Herstellern und ihren Zulieferern auch.
Wie könnte der neue Kraftstoff möglichst vielen Menschen zugänglich gemacht werden?
Wir bei Willer arbeiten im Schulterschluss mit unseren Verbänden und den Kollegen aus dem Mittelstand mit Hochdruck an einer Markteinführung. In einem ersten Schritt werden wir in Kürze mit der Einführung sogenannter „Hydrotreated Vegetable Oils“ (HVO; dt.: hydriertes Pflanzenöl), nachhaltig aus Reststoffen hergestellten Dieselprodukten beginnen. Erst vor wenigen Wochen hat das Bundesumweltministerium seinen Widerstand gegen deren Zulassung in Deutschland aufgegeben. HVO sind bis zu 90 Prozent CO2 ärmer als herkömmlicher Diesel und in fast allen europäischen Ländern längst erhältlich. eFuels werden in absehbarer Zeit folgen, zunächst als zunehmende Beimischung zu herkömmlichen Kraftstoffen, die damit sukzessive klimafreundlicher werden.
Weitere Informationen zu eFuels unter
www.efuels-forum.de
www.efuel-today.com
www.efuel-alliance.eu/de
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