Kaum etwas strahlt so viel Ruhe aus wie das Schnurren einer Katze. Das Tierheim Uhlenkrog hat sich die beruhigende Ausstrahlung der Samtpfoten zunutze gemacht und ein ganz besonderes Projekt ins Leben gerufen.
Manche Kinder sind echte Leseratten und können ihre Lieblingsbücher kaum beiseitelegen. Andere hingegen tun sich besonders am Anfang schwer und mögen es zum Beispiel nicht, in der Schule laut vorzulesen. Die Angst, einen Fehler zu machen und sich vor den Mitschüler*innen und der Lehrkraft zu blamieren, ist zu groß. Das Tierheim Uhlenkrog in Kiel bietet genau für solche leseschwachen Kinder einen geschützten Raum.
„Hier meckert niemand rum und sagt mir, ich bin zu schnell, zu langsam oder ,Das war falsch‘. Ich mag es einfach, in Gegenwart von Katzen zu lesen.“
Vorlesekind Bennet
Projekt „Kinder lesen Katzen vor“
Alles begann 2020, als das Team des Tierheims Uhlenkrog erstmals von dem Konzept „Kinder lesen Katzen vor“, das in Berlin und München bereits umgesetzt wurde, hörte. Studien in den USA hatten gezeigt, dass das Vorlesen die Katzen extrem beruhigt und den Kindern den Druck nimmt, der beim Vorlesen in der Schule oder auch zu Hause entstehen kann. Das machte die ehemalige Leitung Elisabeth Haase und mehrere Ehrenamtliche so neugierig, dass diese direkt mit der Planung begannen. Heute, vier Jahre später, ist das Projekt nicht mehr wegzudenken, so gut kommt die tierische Lesestunde an. Jeden Montag können sieben- bis zwölfjährige Kinder, denen das Lesen schwerfällt, für jeweils 30 Minuten in Anwesenheit der Tierheimkatzen laut Lesen üben.
Lesen ohne Angst vor Fehlern
„Die Kinder können hier ohne Scheu und ohne Ängste lesen“, erklärt Jutta Cavelius, eine der ehrenamtlichen Betreuerinnen des Projekts. „Da ist keiner, der meckert und sie ständig verbessert. Denn die Katzen üben keine Kritik, die machen eigentlich nur Freude. Und wenn eine Katze schmusen will, dann wird auch geschmust und nicht unbedingt gelesen. Das gehört auch dazu“, ergänzt sie lachend. Denn nicht nur Lesen wird hier spielerisch geübt, sondern auch soziale Kompetenz und der Umgang mit den Samtpfoten. „Viele Kinder haben zusätzlich zur Leseschwäche zum Beispiel auch ADHS und profitieren ganz stark von dem Projekt“, ergänzt Dagmar Joppich, Projektleiterin von „Kinder lesen Katzen vor“.
„Wenn eine Katze schmusen will, dann wird auch geschmust und nicht unbedingt gelesen. Das gehört auch dazu.“
Projektbetreuerin Jutta Cavelius
Bereicherung für Mensch und Tier
Aber auch für die Vierbeiner ist die wöchentliche Lesestunde ein Gewinn. Studien zufolge haben die rhythmischen Stimmen der Kinder einen beruhigenden Effekt auf die Katzen. Insbesondere solche, die früher schlechte Erfahrungen gemacht haben, können sich beim Vorlesen entspannen und langsam wieder Vertrauen zum Menschen fassen. Eine wunderbare Win-win-Situation also!
Auch Lust vorzulesen?
Ihr habt ein Kind mit Leseschwäche und sucht Unterstützung? Interessierte Eltern sind herzlich eingeladen, sich per E-Mail an jugendarbeit@tierheim-kiel.de zu melden. Weitere Infos unter www.tierheim-kiel.de/kinder-lesen.