In der Ausstellung Körperwelten im Kieler NORDLICHT kannst du bis zum 3. Oktober in Kiel einen Blick in unser faszinierendes Innerstes werfen.
Über 53 Millionen Menschen haben die faszinierende Ausstellung bereits gesehen. Diese Zahl klingt zwar erst einmal riesig, ist jedoch mit der Sensationswert der seit 1995 weltweit stattfindenden Ausstellung relativ einfach zu erklären. Seit ihrer ersten Ausstellung 1995 in Japan ermöglichen der Erfinder der Plastination, Dr. Gunther von Hagens, sowie Kuratorin Dr. Angelina Whalley Einblicke in den komplexen Aufbau des Körpers und die Funktionsweise der einzelnen Systeme und Organe. Wir haben mit zur Eröffnung von Körperwelten mit Dr. Angelina Whalley über die Ziele der Ausstellung und die Reaktionen gesprochen. Außerdem stand uns eine zukünftige Körperspenderin über ihre Beweggründe Rede und Antwort.
KIELerleben: Frau Dr. Whalley, warum haben Sie „Körperwelten“ zusammen mit Dr. Gunther Hagens erschaffen?
Dr. Angelina Whalley: Wir möchten die Individualität des menschlichen Körpers sichtbar machen. Wir fangen häufig nur damit an, auf uns zu achten, wenn ein bestimmer Teil von uns erkrankt. Wir möchten die Besucher darüber aufklären, ihnen zeigen wie wunderbar aber auch wie fragil unser Körper ist. Mit dem Schwerpunkt des Herzens in der aktuellen Ausstellung, bieten wir den Besucherinnen und Besuchern auch ein Leitmotiv.
Das ist das übergeordnete Ziel der Ausstellung?
Im besten Fall gehen die Menschen aus der Ausstellung und haben etwas über ihr eigenes Leben und die Weise, wie sie es führen, gelernt. Es geht darum, den Sinn für ihre Gesundheit zu schärfen sie für die Endlichkeit des Lebens zu sensibilisieren.
Wie fallen die Reaktionen Körperwelten im Laufe der vergangenen Jahre aus?
Das Erstaunliche ist, dass die Besucherreaktionen überall vergleichbar ist. Die Menschen gehen gleichermaßen begeistert aus der Ausstellung heraus. Eine typische Reaktion ist: Ich habe einen völlig neuen Blick auf meinen Körper und ich werde ihn nicht länger als selbstverständlich erachten.
Wie werden Menschen zu Körperspender*innen?
Das Institut für Plastination in Heidelberg hat ein eigenes Körperspende-Programm. Dort können sich interessierte Menschen registrieren lassen. Nach dem Tod des Körperspendenden verlangsamen wir den Prozess der Verwesung, in dem wir eine Formalin-Lösung in das Blutgefäßsystem leiten. Das ist gängige Praxis in der Anatomie. Dieser Prozess verschafft uns die Zeit, die wir brauchen, um die Haut zu entfernen, Fettgewebe, Muskeln, Blutgefäße und Organe.
Und was bedeutet das genau?
Es handelt sich um ein sehr komplexes Verfahren. Vereinfacht ausgedrückt ist die Plastination ein Vakuumverfahren, dass uns erlaubt, das Körperwasser gegen Kunststoff auszutauschen. So ist das Präparat dauerhaft erhalten, trocken, geruchsfrei und im wahrsten Sinne des Wortes zu „begreifen“. In der Ausstellung stellen wir die Körper in sehr ästhetischer Weise dar.
Wie lange dauert der Prozess einer Plastination des gesamten Körpers?
Bis der Verstorbene in unser Institut gelangt dauert es in der Regel zwei bis drei Tage. Damit die Präparate später im besten Fall hunderte Jahre erhalten bleiben können, geben wir uns die größte Mühe und arbeiten durchschnittlich an einem Körper 1.500 Stunden.
Wird jeder gespendete Körper bei Körperwelten ausgestellt?
Nein. Nicht jeder Körperspender ist für jede Art von Plastinat geeignet. Für ein Ganzkörperplastinat benötigt der Körper ausreichend Muskelmasse. Aber auch aus einem muskelarmen Körper lassen sich wunderbare Plastinate herstellen wie zum Beispiel ein vollständiges Nervensystem. Allerdings sind auch kleine einzelne Präparate mindestens genauso wichtig für die Ausstellung, wie die ganzen Körper.
Ein von rund 20.000 Körperspenderinnen und -spendern, die sich nach ihrem Ableben für wissenschaftliche Zwecke plastinieren lassen, ist die Kielerin Frau Dr. Isabelle Chopin.
KIELerleben: Was bewirkt einen Menschen dazu, seinen Körper plastinieren und unter Umständen ausstellen zu lassen?
Ich habe mich nach dem Besuch der Körperwelten vor einigen Jahren gefragt, was ich den Menschen nach meinem Tod mitgeben kann und wie ich bestattet werden möchte. Ich finde es beeindruckend, den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung etwas über das Leben mitzuteilen – nicht über den Tod.
Wie ging es nach ihrer Entscheidung für die Körperspende weiter?
Ich habe mich erst im Internet belesen und mich dann im Institut für Plastination in Heidelberg unverbindlich gemeldet. Danach habe ich vielerlei Informationen erhalten, für die ich mir viel Zeit genommen habe, um diese durchzuarbeiten. Erst dann fiel meine Entscheidung für die Körperspende.
Das Interview führte Sebastian Schulten
Weitere Infos und Tickets zur Ausstellung Körperwelten.
Zahlen, Daten & Fakten von Besucher*innen:
• 56% sind “nachdenklicher über Leben und Sterben” geworden.
• 68% gaben an in Zukunft mehr auf ihre körperliche Gesundheit achten zu wollen.
• 9% haben weniger geraucht und weniger Alkohol konsumiert.
• 33% haben sich seither gesünder ernährt.
• 22% konnten sich vorstellen, nach ihrem Tod ihren Körper für die Plastination zu spenden.
(Quelle: www.koerperwelten.de)