Zweite Welle, Lockdown light – obwohl Corona vor allem die gebeutelten Künstler*innen fest im Griff hat, bringt das Kieler Duo Jahfro & J da K seine neue Single „Norddeutscher“ auf den Markt. Es geht darin auch um eine Abrechnung mit der Gesellschaft.
Wie schwer fällt es euch, der Leidenschaft auf der Bühne aktuell nicht nachgehen zu können?
Nicht auf der Bühne stehen zu können, ist für uns sowohl finanziell, als auch emotional harter Tobak. Ich denke alle Musiker*innen, die sich auf einer Bühne wohlfühlen und ein wenig Geld mit ihrer Kunst verdienen, sind gerade von einer existenziellen Krise betroffen. Es fehlt einfach ungemein. Das direkte Feedback der Konzertbesucher, das Performen von neuen und lieb gewonnenen Songs, die Energie, die sich während eines Live-Auftrittes entlädt und das musikalische Miteinander – all das brauchen wir wie die Luft zum atmen und hoffen, dass wir sehr bald wieder spielen dürfen.
Es brennt also unter den Nägeln?
Definitiv! Die meisten Auftritte wurden auf das nächste Jahr verschoben. Ich sehe also Licht am Ende des Tunnels. Wir freuen uns zum Beispiel ganz besonders auf unseren Auftritt beim Summerjam Festival, das eigentlich schon dieses Jahr stattfinden sollte aber den Umständen entsprechend auf nächstes Jahr verschoben wurde. Wir hoffen sehr, dass nächstes Jahr wieder regelmäßig Auftritte stattfinden können.
Seit dem 20. November ist die Single „Norddeutscher“ draußen. Ein Song, der sich mit eurer Heimat Kiel beschäftigt aber auch gesellschaftskritisch ist?
Norddeutscher ist für uns eine extrem wichtige Veröffentlichung und greift ein Thema auf, das für viele Menschen gar nicht, und für andere jeden Tag präsent ist. Das Aussehen hat schon lange nichts mehr damit zu tun, wo man eigentlich herkommt und trotzdem werden Menschen mit dunklerer Hautfarbe, lockigeren Haaren oder anderer Augenform noch immer viel zu oft gefragt, wo sie denn nun wirklich herkommen.
Es geht darum, dass man unabhängig vom Aussehen ein Spiegel seiner Umgebung ist und somit jeder so norddeutsch sein kann wie er sich fühlt. Für Menschen mit Migrationshintergrund ist die Identitätsfindung in Deutschland ohnehin nicht einfach. Da hilft es nicht – mal ganz abgesehen von offenkundigen Anfeindungen – wenn man von Landsleuten, die im selben Umfeld groß geworden sind und/oder leben, stetig als Fremdkörper dargestellt wird. Ein schwarzer Deutscher? Eine Muslima mit Kopftuch, die sich als Deutsche empfindet? Völlig normal!
Der Song richtet sich genauso gegen unterschwelligen Rassismus, wie auch gegen offensichtliche Sprüche wie „Du klaust uns unsere Frauen“ oder „Du nimmst uns unserer Arbeit weg.“
Bereits am 11. September erschien die Single „Warnung“. Worum geht es in dem Song?
Der Song Warnung richtet sich gegen Übergriffe auf Frauen. Vor allem im Nachtleben aber auch bei Zusammenkünften von Frauen und Männern in jeglicher Form kommt es immer wieder zu absolut unakzeptablen Situationen. Frauen sollten unabhängig von ihrem Outfit oder ihrer Art zu tanzen ausgehen können ohne dabei belästigt zu werden. Das richtige deuten von Signalen, sprich: Ja ich hab Bock oder nein ich hab kein Bock, dass du jetzt in meinen Personal Space eindringst, ein respektvolles Ansprechen und das Akzeptieren eines ''Nein's'' ist leider oft die Ausnahme. Da musste mal eine musikalische Warnung her.
In der Krise scheint ihr besonders kreativ zu sein. Ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung zufällig gewählt?
Das Thema ist für uns als Künstler schon lange präsent, weil wir immer wieder auf Veranstaltungen und auch vor der Bühne Übergriffe und Belästigungen mitbekommen. Nachdem das Thema dann in letzter Zeit vermehrt in unserem Freundeskreis aufkam, haben wir uns hingesetzt, den Song geschrieben und ziemlich schnell fertig produziert. Als er schließlich fertig war, wollten wir so schnell wie möglich veröffentlichen und haben den nächstmöglichen Termin genommen.
Was ist sonst musikalisch für die Zukunft geplant?
Wir waren, wie du schon angemerkt hast, trotz Corona nicht untätig und haben viele neue Songs produziert, die jetzt unbedingt gehört werden wollen. Es sind keine einfachen Zeiten und die Produktion kostet uns Geld und Zeit aber wir machen weiter aus Liebe und Leidenschaft zur Musik. Wir möchten uns von Herzen bei allen bedanken, die uns auf unserer musikalischen Reise unterstützen. Es wird weiter neue Songs geben und sobald wir dürfen, wollen wir wieder Shows spielen. Die nächste Single heisst Geisterstunde!
Weitere Infos erhaltet ihr unter www.jahfro.com und www.facebook.com/jahfromusic