In meiner Serie „Butenschön Backstage“ schnuppere ich in die verschiedensten Berufe herein und versuche herauszufinden, was den Alltag dort spannend macht. Diesmal bin ich als Köchin unterwegs
Ich bin heute (Chef-)Koch-Praktikantin bei möhls gasthof in Jevenstedt und hätte nie gedacht, dass ich hier noch öfter die Hände desinfizieren muss als im Krankenhaus. Wo die Keime überall lauern, war mir bisher gar nicht bewusst. Nachdem die Hände einmal sauber sind, darf eigentlich nichts mehr ohne Bedenken angefasst werden. Mal eben aufs Handy schauen zwischendurch ist nicht drin! Mein Chef heute ist Niklas, der Sohn von Inhaber Tom Puls.
In freudiger Erwartung auf Kartoffel schälen und Zwiebel schneiden, schlüpfe ich in mein Outfit, warte auf meine Aufgaben und habe Glück: Niklas verschont mich mit Schälen und Schneiden und belohnt mich mit 15 Liter Schweineblut für das klassische Gericht Schwarzsauer.
Heute Abend werden circa 40 Gäste für den Kulturabend erwartet. Dafür stehen lauter Oldies und Klassiker auf der Speisekarte. Wir beginnen mit neun Kilo Kartoffeln. Diese sollen später zu richtig knusprig leckeren Bratkartoffeln werden. Dafür schneiden wir jede Kartoffel in schiefe, krumme Scheiben, wie bei Muddern, denn akkurat ist out. Übrigens ist das, neben Spargel schälen, Niklas' Lieblingsaufgabe, denn da kommt man so schön ins Klönen. Das macht mit ihm auch richtig Spaß. Seine lockere, lustige Art heitert die gesamte Küchencrew auf. Hinter uns dampft derweilen eine große Portion Spare Ribs vor sich hin. Die müssen wir immer im Blick haben, um den richtigen Garpunkt nicht zu verpassen. In einem weiteren überdimensionalen Kochtopf köchelt die Brühe für unser Schwarzsauer.
Hier darf ich nun die Beilagen herausfischen und finde unter anderem Schweinefleisch, Lorbeerblätter, schwarze Pfeffer-körner und dicke Zwiebeln. Anschließend schütten wir literweise Schweineblut in die heißen Fluten. Ich rühre, Niklas lässt das Blut fließen. Meine Rührkräfte lassen dabei sehr schnell nach. Immer wieder muss ich von der linken auf die rechte Hand wechseln und immer weiter rühren, rühren und rühren. Die Brühe wird dabei nach und nach immer dicker. Und kurz bevor mein Arm abfällt, habe ich es geschafft. Die Grundlage für das Schwarzsauer ist fertig. Was manchmal Fluch und Segen zugleich ist: Ein Koch muss sein Essen immer probieren, egal, ob er es mag oder nicht.
Also probiere ich auch heute das erste Mal in meinem Leben Schwarzsauer. Ich muss sagen, der Geschmack ist okay, aber auch sehr gewöhnungsbedürftig. Zu guter Letzt darf ich nun noch die Spare Ribs aus dem Wasser fischen und auch diese probieren. Die nächste Fuhre wartet auch schon auf den heißen Kochtopf. Mein Fazit: Mit dem richtigen Team macht Kochen richtig Spaß, aber es bedarf auch guter Ausdauer und bei so großen Mengen vor allem Muckis in den Armen.
10 Fragen an Niklas Puls
1. Wie lange dauert die Ausbildung zum Koch:
Drei Jahre, mit der Option zu verkürzen. Dafür müssen sich aber Schule, Betrieb und Auszubildender einig sein.
2. Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen?
Letztlich keine, aber man sollte ein bisschen Interesse an Essen und den Produkten haben. Ansonsten spielt der Schulabschluss bei Fleiß, Kreativität und Ausdauer keine Rolle.
3. Wo hast du Deine Ausbildung gemacht?
Im Hamburger Restaurant Juwelier mit Kantine und Espressobar an der Hochschule für bildende Künste.
4. Was ist Dein Lieblingsgericht, was bereitest du am liebsten zu?
Ein Lieblingsgericht habe ich nicht. Ich esse gern Sauerfleisch nach Omas Rezept.
5. Was ist Dein Lieblingsrestaurant?
Ich gehe gern italienisch oder griechisch essen oder gönne mir mal einen Besuch in guten Restaurants, wie dem Pastis in Kiel oder auch mal The Table in Hamburg.
6. Gibt es ein Gericht, das Du gar nicht mehr magst?
Hähnchenbrust mit Pesto und Kirschtomaten. Das gibt es auf jedem Büfett und ich kann es nicht mehr sehen.
7. Woher bezieht Ihr Eure Produkte?
Wir bekommen einen Großteil unserer Produkte von Chefs Culinar oder lokalen Gemüsehändlern wie Brüning aus Nortorf.
8. Wie hat sich das Ansehen des Berufs „Koch“
geändert seit der Ära der Fernsehköche?
Eigentlich positiv, da wieder mehr junge Leute Bock auf den Beruf haben. Aber diese jungen Leute kommen oft mit falschen Erwartungen. Dass auch lange Arbeitszeiten und Fleißarbeit dazugehören, überrascht viele. Die Abbruchquote ist sehr hoch.
9. Du musst oft arbeiten, wenn alle anderen frei
haben. Wie klappt das?
Man gewöhnt sich daran. Das Positive als Koch ist, man ist vor dem Service fertig und schafft es nach Feierabend noch auf die eine oder andere Fete. Wir wechseln uns mit den Wochenenddiensten ab und der Mythos Überstunden ist dank Arbeitszeitgesetzen besser geworden.
10. Müsst Ihr am Ende des Tages viel Essen wegschmeißen?
Nein! Meine erste Amtshandlung hier waren Kalkulationspläne. Vorher wurde immer nach Gefühl gekocht, heute werden die Mengen genau berechnet.
Text und Interview: Gesa Butenschön