- Insgesamt stehen den Spielern sieben professionelle Liga-Tische zum Training bereit (Bild: Sebastian Schulten)
- Leonie Dauser, Maike Hassold, Anna Simon und Falk Schmidt (v. li) trainieren ihr Kickerspiel
- Nils Olberding und Henning Krumbeck (v. li.) leiten die Spieler beim Training an und geben hilfreiche Tipps und Tricks
- Nils Olberding steht beratend zur Seite
- Der Trainingsraum der KMTV-Tischkicker ist eine ehemalige Kegelbahn
Kickern macht Laune. Es kann ganz schnell gehen, wenn Kickern ein Zeitvertreib zwischen zwei Bieren in der Kneipe ist. Das hat vermutlich jeder schon versucht. In den allermeisten Fällen müssen die Verlierer den Tisch räumen und Platz für die nächsten „Opfer“ machen.
Der Trainingsraum der KMTV-Tischkicker ist eine ehemalige Kegelbahn
Anderen geht es aber darum, das Spiel zu verbessern und unter professioneller Anleitung neue Schüsse, Abwehr- und Taktikverhalten zu schulen. Möglich ist dies bei den Tischfußballern des Kieler Männerturnvereins von 1844 (KMTV). Neben dem Liga-Betriebgibt es auch ein Angebot für Hochschulsportler.
Freizeitspaß beim KMTV
Kickern ist nicht nur Zeitvertreib, sondern echter Sport. Das habe ich mir genauer angeschaut und selbst versucht. Das Geklapper und das Rollen der kleinen Kickerbälle über die Spielfelder ist schon von weitem zu hören. Zum „Trainingsplatz“ der KMTV-Tischkickermannschaft geht es in die Katakomben des Sportzentrums in der Jahnstraße 8A in unmittelbarer Nähe des Schrevenparks. Der länglich geschnittene Raum ist mit fünf professionellen Kickertischen ausgestattet. Der grüne Linoleumboden erinnert an den Rasen im Stadion und die Kühlschränke sind mit Erfrischungsgetränken gefüllt. Davon, dass hier mal eine Kegelbahn eingerichtet war, ist nichts mehr zu erkennen. Jeder der Tische ist bereits vor offiziellem Trainingsstart um 20 Uhr mit vier Spielern besetzt. Das klassische Doppel kann angepfiffen werden.
Nils Olberding und Henning Krumbeck (v. li.) leiten die Spieler beim Training an und geben hilfreiche Tipps und Tricks
Das Training wird durch Musik begleitet, beispielsweise von Buddy Holly oder Filmmusik aus Pulp Fiction. Es herrscht eine gelockerte Atmosphäre und von Anspannung, Rivalität oder Aggression ist nichts zu spüren. Das heißt jedoch nicht, dass es an den Tischen nicht spannend zugeht. Einige der Spieler tragen Handschuhe, um trotz hitzigen Spiels den Gripp an der Stange nicht zu verlieren. „In der Kneipe geht es um Spaß und darum, möglichst lange am Tisch zu bleiben. Beim KMTV haben wir den Anspruch, dass die Spieler sich schrittweise verbessern“, sagt Henning Krumbeck, Spieler der Landesliga-Mannschaft. Als Krumbeck, Niklas Olberding und Henning Kurth vor Jahren einen Raum für ein regelmäßiges Training suchten, war es ihr Ziel, den Sport voranzutreiben. Beim KMTV wurden sie 2013 aufgenommen, in der abgelaufenen Saison wurde der KMTV sogar Meister der Landesliga Schleswig-Holstein.
Profession: Tischkickern
Die Liga besteht aus zehn Mannschaften. Die Spieltage werden in den Spielstätten ausgetragen, in denen die Heimmannschaft gemeldet ist. Die Mannschaften bestehen aus sechs Spielern, die jeweils in vier Doppeln und zwei Einzeln gegeneinander antreten. Untereinander kennt man sich. Vor den Spieltagen steht allerdings nicht fest, wer zu welchem Zeitpunkt gegen wen spielen wird, sodass ein Taktieren zu möglichen Paarungen nicht möglich ist.
„Richtig Spaß macht es erst, wenn es richtig knallt am Tisch“, sagt Olberding und meint das Einschießen des Balls in das gegnerische Tor. Wie genau das funktioniert, bekomme ich in wenigen Praxisübungen am Tisch gezeigt. Olberding behauptet, mir in kurzer Zeit fünf Tricks des Kicker Ein-Mal-Eins beibringen zu können, um ein Basis-Repertoire an Schüssen, Pässen und Stellungsspiel zu beherrschen. So richtig klappt das allerdings nicht. Das liegt wohl an meinem Trainingsrückstand.
Übung macht den Meister
An einem anderen Tisch übt Jörg seine Ballführung und das Passspiel zwischen den Mannschaftsteilen. „Ich spiele zwar während der Pausen in meinem Betrieb am Kicker, hier wird mir allerdings gezeigt, woran ich arbeiten sollte“, sagt Jörg. Sein Hauptaugenmerk läge auf dem Training des Ballgefühls. Olberding erteilt den wichtigsten Rat für ein erfolgreiches Kickerspiel: „Die Fünf gewinnt das Spiel“, und meint damit die mittlere Stange des Tisches, an dem fünf Spieler zu bewegen sind. Gerade an dieser Position sei die Ballbeherrschung enorm wichtig.
Nils Olberding steht beratend zur Seite
Was den Kneipensport Kickern angeht, sei dieser in den letzten Jahren ein wenig eingeschlafen, sagt Krumbeck. Eine richtige Kneipenliga und Spieltage habe es gegeben, aber nicht mit dauerhaftem Erfolg. In anderen Bundesländern wie dem Saarland ist Kickern fast ein Volkssport. „Wenn es hier in jedem Dorf einen Fussballverein gibt, findet man dort in jedem Ort einen Tischkickerverein“, sagt Olberding. Sobald dort in einer Kneipe ein interessantes Match stattfindet, werde dies in den restlichen Räumlichkeiten und vor allem am Tresen live übertragen.
Leonie Dauser, Maike Hassold, Anna Simon und Falk Schmidt (v. li) trainieren ihr Kickerspiel
Ganz so weit sind wir in Schleswig-Holstein zwar nicht, aber am Nachwuchs wird ordentlich gearbeitet: Der KMTV bietet ein Training und zusätzlich den Unisport-Kurs „Kickern“ an. Mitmachen können bis zu zwölf Studierende. Es gibt insgesamt 16 Trainingstermine im Semester. Die Semestergebühr: 20 Euro. Auch ein Schnupperkurs wird angeboten, an dem jeder bis zu drei Mal teilnehmen kann. Danach kann jeder für einen Mitgliedsbeitrag von 15 Euro regelmäßig trainieren und seine Kneipen-Kicker-Künste vorantreiben.