Mehr „Insekten-Tankstellen“ an Schleswig-Holsteins Straßen
Die Vielfaltschützer der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV.SH) schaffen gemeinsam mehr Blühflächen für Insekten. Um im ersten Schritt die dominanten Gräser zugunsten von heimischen Blütenpflanzen zurückzudrängen, lassen sie sich von einer selten gewordenen Pflanze helfen, die eigentlich hier zuhause ist: dem Halbschmarotzer Klappertopf.
„Die Chance ist riesig“, erklärte Dr. Walter Hemmerling, Geschäftsführer der Stiftung Naturschutz, heute (3. Juni) bei einem Ortstermin an der A 215 bei Kiel. „Denn Experten schätzen, dass die Straßenbegleitgrünflächen in etwa so viel Fläche einnehmen, wie alle Naturschutzgebiete in Schleswig-Holstein zusammen“, so Hemmerling. Seit dem Projektstart im Herbst 2019 habe die Stiftung auf bereits zwölf Hektar Straßenbegleitgrün den Klappertopf etabliert. Der Schwerpunkt lag dabei an der A 7 zwischen Neumünster und Norderstedt, aber entlang der A 21 und 20 wurde Klappertopf gesät.
Verkehrsminister Dr. Bernd Buchholz, der für die nötige Kofinanzierung des Bundesprojektes in Höhe von 320.000 Euro gesorgt hat, freut sich über den ersten Erfolg nach so kurzer Zeit: „Blütenbunte Straßenränder erfreuen nicht nur die vorbeifahrenden Menschen, wir leisten damit auch einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der biologische Vielfalt auf unseren Flächen und versöhnen damit zu einem erheblichen Teil die graue mit der grünen Infrastruktur des Landes.“
Torsten Conradt, Direktor des LBV.SH, erinnert an den Beitrag seines Hauses: „Der Dank richtet sich vor allem an unsere Landschaftspfleger im LBV.SH, die 2014 die Idee dazu hatten, den Klappertopf einmal testweise an den Straßen einzusetzen. Dies hat sich in dem Vorgänger-Pilotprojekt des LBV.SH in Zusammenarbeit mit der Artenagentur Schleswig-Holstein und dem Kieler Umweltministerium als positiver Beitrag zur Steigerung der Biodiversität erwiesen. Und wir unterstützen dieses Projekt weiterhin mit voller Überzeugung“, so Conradt. Derzeit laufen noch die Gespräche mit den einzelnen Straßenmeistereien, um die genaue Ansaatkulisse für weitere 30 Hektar festzulegen, die 2020 folgen sollen.
Der Namensgeber des Projekts, der „Klappertopf“, mit dem wissenschaftlichen Namen „Rhinanthus“, dient in dem mit rund 1,5 Millionen Euro zu zwei Drittel vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderten Projekt als Mittel zum Zweck. Die heimische und von Insekten bestäubte Wildpflanze hat die besondere Eigenschaft, Gräser unterirdisch an der Wurzel anzuzapfen und ihnen Nährstoffe zu rauben. Dadurch wird der oberirdische Grasbewuchs lückiger und der Weg für viele andere Wildpflanzen, wie Wiesen-Margerite, Wilde Möhre und Lichtnelken, ist geebnet.
Das schleswig-holsteinische Vorzeige-Projekt soll als sogenanntes Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben bundesweite Strahlkraft erlangen und den Straßenbauverwaltungen in der ganzen Republik Möglichkeiten aufzeigen, wie blütenbunte Straßenränder mit den Anforderungen der Verkehrssicherung, des Lärmschutzes und der Pflege vereinbar sind.