Seit 17 Jahren ist Gerd Jahn die gute Seele von Holstein Kiel. Als Platzwart des Vereins ist er nicht nur für den Kreidewagen und Klopapier zuständig – niemand ist so nah dran am Geschehen wie er.
Im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) von Holstein Kiel flitzt an einem Dienstagsmorgen die U13-Jugendmannschaft der Störche aus den Kabinen die Gänge entlang, nachdem sie ihre Trainingseinheit vor dem Schulunterricht absolviert haben. Dann beginnt die Arbeit von Gerd Jahn und seinem Kollegen Uwe Schubert. Zu ihren Aufgaben gehört es, die Kabinen zu reinigen und für die nächste Einheit fit zu machen. Jahn ist als Platzwart bei Holstein Kiel täglich im Einsatz, um alle an- stehenden Arbeiten und Abläufe des Vereins zu koordinieren. Selten steht sein Telefon still – zu tun gibt es immer etwas.
Von Mitarbeitern und Spielern der KSV wird er liebevoll „Gerdi“ genannt. Eigentlich wollte das 64-jährige Kieler Urgestein um neun Uhr morgens zwei Plätze des NLZ abkreiden. Das Wetter macht ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung – wie so häufig dieser Tage. Rund zwei Stunden braucht er in der Regel für einen der insgesamt fünf Plätze auf dem Gelände. „Heute geht nix“, sagt Jahn etwas wortkarg. „Das macht keinen Sinn!“. Die Kreide ist wasserlöslich und würde dem Regen nicht trotzen. Seinen Kreidewagen schiebt er frustriert zurück in die Garage, die einer Werkstatt gleicht. Immer am Mann: Schraubenschlüssel, Bandmaß und eine aufgewickelte Leine, die ihm bei der korrekten Vermessung der Plätze hilft. Darüber hinaus müssen die Rasenplätze alle zwei bis drei Tage gemäht werden. Die Qualität des Geläufs ist ihm ein wichtiges Anliegen.
Aber wie wird man Platzwart bei Holstein Kiel? Jahn arbeitet schon immer mit seinen Händen, erlernte den Beruf als Maler in Kiel. Er ist Pragmatiker. Auf die ausgeschriebene Stelle des Zweitligisten habe er sich 2003 beworben und wurde nach einem Probearbeiten am 1. Juli des gleichen Jahres eingestellt. Seitdem kümmert sich der Routinier um die Belange des Vereins rund um das NLZ und das Holstein-Stadion. Seine Motivation steht dabei außer Frage: Natürlich möchte er für optimale Trainingsbedingungen der Profis sorgen, besonders am Herzen liegt ihm aber der Nachwuchs der Störche. So trägt Jahn seinen Teil zur zukunftsorientierten Vereinspolitik Holsteins bei. „Ich freue mich, wenn auch Spieler anderer Vereine die gepflegte Anlage bei uns sehen“, gibt der Allrounder zu.
An einem Spieltag der Störche ist Jahn ab 7.30 Uhr im Stadion. Dann kommen die Kollegen von „Hawk Eye“, um die Verbindung nach Köln für den Videobeweis zu installieren. Sie benötigen Strom, den der Platzwart ihnen bereitstellt. Ab 9 Uhr überprüft und reinigt Jahn die Kabinen für die Mannschaften und das Schiedsrichterteam. Wenige Stunden vor dem Anpfiff zieht er schon mal persönlich das Regenwasser vom Platz, um das Spiel zu ermöglichen. Die Entscheidung über eine Spielabsage trifft allerdings nicht er. „Das Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim hätte aus meiner Sicht nicht angepfiffen werden dürfen“, sagt der Platzwart. Das letzte Wort hat der Schiedsrichter der Partie. Ob Sieg oder Niederlage – Jahn ist der letzte im Stadion, nachdem er alle Sitzschalen auf mögliche Schäden kontrolliert und diese ausgetauscht hat. Wenn auch die TV-Übertragungswagen den Vorplatz des Stadions verlassen, macht Jahn das Licht aus. Dann geht auch der letzte Mann im Stadion nach Hause, zurück auf das Gelände des NLZ, auf dem er gemeinsam mit seiner Familie wohnt. Hier lebt Jahn für seinen Verein Holstein Kiel.
Hinweis: Der Text wurde bereits vor der Einstellung aller Trainingsbetriebe durch das Coronavirus auf dem Gelände des NLZ von Holstein Kiel verfasst. Zu jener Zeit waren tatsächlich verschiedene Nachwuchsmannschaften und Mitarbeiter auf dem Gelände anzutreffen.
WUSSTET IHR SCHON?
• Die Platznorm in der 1. und 2. Bundesliga beträgt 68 mal 105 Meter
• 16-Meter-Raum: 16,5 Meter • 5-Meter-Raum: 5,5 Meter
• 11-Meter-Punkt bis zum 16-Meter-Kreis: 9,15 Meter
• Das ist auch der Abstand, den die Spieler bei Freistößen einzuhalten haben