- Die „Brote“ des Holsteiner Tilsiters müssen von Hand aus dem Regal genommen und geputzt werden
- Der stellvertretende Produktionsleiter André Paulsen unterzieht die Milch einer obligatorischen Prüfung
- Die Wachsschicht hält den Käse frisch, feucht und schützt vor Schimmelkulturen
- Hier wird Käse von Hand gefertigt: Die Formen werden mehrmals täglich
gewendet damit der Holtseer Tilsiter seine Brotform erhält
- Jeder Holsteiner Tilsiter erhält durch die Rotschmiere seinen typischen Geschmack
- Täglich werden hier 250.000 Liter Milch von den rund 120 Milchbauern der Region angeliefert.
Wir leben in Zeiten der Globalisierung und Zeiten des schnellen Internetshoppings. Doch: Der Griff zu regionalen Produkten an der Frischetheke ist so angesagt wie nie. Die Holtseer Landkäserei produziert seit 80 Jahren Käse im Herzen Schleswig-Holsteins – für die Region und die ganze Welt.
Ganze 250.000 Liter Milch werden jeden Tag in die Tanks des Geländes gepumpt. Die Station, an der die Milch aus den Fahrzeugen in die Tanks gelangt, erinnert an eine Tankstelle – funktioniert nur andersrum. Zuvor steht der LKW auf einer Art überdimensionalen Waage, um die genaue Frachtmenge zu ermitteln. Die Milch stammt von den rund 120 Milchbauern aus der Umgebung bis Owschlag, Kropp und Ascheberg. „Die Regionalität steht hier ganz klar im Vordergrund“, sagt Wolfgang Mohr, Marketingleiter des Betriebs. „Ohne unsere 120 Lieferanten gäbe es uns nicht“. Die Holtseer Landkäserei ist seit ihrer Gründung 1938 eine eingetragene Genossenschaft und damit keine private gewinnorientierte GmbH. Die Landwirte sind die Eigentümer, zu ihnen fließt das erwirtschaftete Kapital aus dem Käseverkauf.
Täglich werden hier 250.000 Liter Milch von den rund 120 Milchbauern der Region angeliefert.
Bevor es in die erste große Produktionshalle geht, schlüpfe ich in einen Overall – Haarnetz und Bartschutz inklusive. Hier werden die „Brote“ von Hand mehrmals am Tag gedreht, um die für den Tilsiter typische Brotform zu erhalten. Die Milch wird zunächst in riesigen, 15.000 Liter starken Fertigern mit den nötigen Kulturen und dem Lab versehen. Die Kulturen sind für die Säuerung und den guten Geschmack verantwortlich, das Lab für die Dicklegung der Milch. Während viele Käsesorten mit dem tierischen Lab, einem Enzym aus dem Kalbsmagen, dickgelegt werden, arbeitet die Landkäserei ausschließlich mit mikrobiellem Lab (Pilzkulturen). Regelmäßig muss die Qualität der Milch kontrolliert werden.
Der stellvertretende Produktionsleiter André Paulsen unterzieht die Milch einer obligatorischen Prüfung
„Wir produzieren so viel mit der Hand wie kaum ein anderer Betrieb“, sagt André Paulsen, stellvertretender Käsereileiter. Paulsen entnimmt dem riesigen Fertiger eine Milchprobe mit einer kleinen Schöpfkelle und unterzieht diese einem chemischen Prozess zur Prüfung. Durch das Dicklegen werden die Inhaltsstoffe der Milch gebunden. Durch die Bindung entsteht im weiteren Käsungsprozess der so genannte Käsebruch. Dieser ist für die Weiterverarbeitung notwendig. Ich frage mich, wann mir wohl der erste Käsegeruch in die Nase steigen wird.
Weiter geht es für das Expeditionsteam KIELerleben in die Lagerhalle der rund 15.000 Tilsiter. Wer den Tilsiter schon einmal im Kühlschrank hatte weiß, dass sein Geruch alles andere dominiert. Er ist der Star – zuweilen vergisst man, wie gut die vielen anderen Holtseer sind. Jeder einzelne Käselaib, die bereits erwähnten „Brote“, werden von Hand mit eine Art Wischmaschine mit Rotschmierekultur „gewischt“. Diese sorgt später für seinen typisch pikanten Geschmack. Je länger der Käse dann in der Lagerhalle weiterreift, desto intensiver und pikanter schmeckt er. Bis zu acht Monaten liegen die Tilsiter-Brote und reifen und duften vor sich hin.
„Der Trend geht weg von den großen Firmen, die Produkte in großen Massen produzieren“
Der Holsteiner Tilsiter ist ein Käse mit geschützter geografischer Angabe (GGA). Nur Tilsiter, der in Holtsee produziert wird, darf sich Holsteiner Tilsiter nennen. „Der Trend geht weg von den großen Firmen, die Produkte in großen Massen produzieren“, sagt Marketingleiter Wolfgang Mohr. Das gehe oft zu Lasten der Qualität. Im Ausland hingegen wird die Qualität aus Holtsee sehr geschätzt. Im asiatischen Raum reiche das Label „Made in Germany“ häufig allein aus, um ein Produkt erfolgreich zu verkaufen. Die Holtseer Landkäserei exportiert ihre Ware international. Die Abnehmer befinden sich in Nord- und Südamerika, Asien und Afrika. In Frankreich ist der mit Beta Carotin gefärbte Holtseer Käse sehr beliebt. So hat jedes Land seine Vorlieben, erläutert Mohr. Die Landkäserei produziert rund 20 verschiedene Käsesorten, die ihre Abnehmer rund um die Welt haben. Für das Jubiläum haben sich die Verantwortlichen der Landkäserei etwas Besonderes einfallen lassen. Nur für kurze Zeit wird der Holtseer Feuer erhältlich sein. Durch die Extraportion Chilis wird er besonders pikant sein – auf jeden Fall nichts für Weicheier.
Die Wachsschicht hält den Käse frisch, feucht und schützt vor Schimmelkulturen
Weiter geht es an der nächsten Station. Hier erhalten die kleinen Holtseer Büttenkäse ihren Anstrich. Auch hier muss jeder kleine Laib in Handarbeit aus dem Regal genommen und in warmes Wachs getaucht werden – zuerst mit der einen Seite, dann mit der anderen. Dies hat den Zweck, den Käse schön feucht und dennoch schimmel-unempfindlich zu halten. Schon innerhalb kurzer Zeit wird mir warm in meiner Arbeitskleidung. Der Ablauf ist monoton und kräftezehrend. Mir wird klar: das ist ein Knochenjob und ich habe höchsten Respekt vor den arbeitenden Käsewendern.
Meine Tour durch die Käseproduktion neigt sich dem Ende entgegen und ich darf aus meinem Tages-Overall aussteigen. Um eine Menge Erfahrungen in Sachen Käseproduktion reicher, beende ich meinen Produktionstag. Die Holtseer Landkäserei sucht hingegen drei Auszubildende zum Milchtechnologen. Alle Interessierten sind herzlich zu einer Bewerbung aufgerufen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.holtseer.de.