In unserer Kolumne grübelt unser Chef-Spökenkieker über aktuelle Themen, welche die Landeshauptstadt bewegen. Der Verkauf des DELA-Möbelhauses und der damit verbundene Imageverlust der Immobiliengesellschaft, ist dabei eine von mehreren „Baustellen“ in Kiel.
Das metropole Leben an der Förde pulsiert und so droht manch bemerkenswertes Detail des Kieler Stadtgeschehens in Vergessenheit zu geraten. Die KIELerleben-Redaktion, immer getrieben davon, dem Anspruch als Zentralorgan der Landeshauptstadt gerecht zu werden, versucht, Ereignisse der vergangenen Wochen durch die Erwähnung in dieser Kolumne im kollektiven Gedächtnis zu bewahren:
Die feine Kieler Art
Dela Möbel: Ein Kieler Traditionsunternehmen in der Kieler Altstadt, dessen 125. Geburtstag Geschäftsführer Dirk Willmann im vergangenen Jahr feiern durfte. Das riecht nicht zu Unrecht nach hanseatischer Kaufmannschaft, gutbürgerlichen Manieren und einer Erfolgsgeschichte. Um so verwunderlicher, dass die Familie Dela, der das Gebäude in der Schuhmacherstraße gehört und die den Betrieb vor einigen Jahren an Herrn Willmann verkauft hatte, diesem nun zum Jahreswechsel 2020 gekündigt hat, um die Räume profitabler an die PSD-Bank zu vermieten. Die unrühmliche Entscheidung dann noch im Tageszeitungsstatement als Wohltat für die Belebung der Kieler City verkaufen zu wollen, trägt sicherlich nicht zum Imagegewinn der Immobiliengesellschaft bei.
Den Kanal voll …
…haben die Mitarbeiter*innen des Kieler Baudezernats und der Pressestelle: Ob Spaßbad oder Kleiner Kiel-Kanal – ständig mussten Eröffnungstermine verschoben, Kosten nach oben korrigiert oder Fehlplanungen eingestanden werden. Jetzt traut man sich bei der Stadt Kiel gar nichts mehr und liefert mit der kleckerweisen Eröffnung des Kiel-Kanals, deren Höhepunkt das Spendieren von 100 Tassen Kaffee, finanziert aus der Privatschatulle von Oberbürgermeister Kämpfer, darstellt, ein leider komplett unwürdiges Schauspiel.
Kieler Klima
In Kiel ist eigentlich jede und jeder Klimaschützer und die Landeshauptstadt nun auch ganz offiziell ausgezeichnet worden. Trotzdem findet der Streit um die Schadstoffbelastung am Theodor-Heuss-Ring sogar international Beachtung, nicht zuletzt weil das Oberlandesgericht die dann doch leider nur halbherzigen städtischen Maßnahmen als ungenügend beurteilt hat. Gut also, dass diverse Initiativen wie Fridays for Future Druck machen, damit wir aus Kiel wirklich ein Klima-Leuchtturmprojekt machen. Wie schnell die Grenzen der Toleranz und Geduld leider erreicht sind, zeigt eine Aktion der (mittlerweile fast so bekannten wie die Kieler Dreifeldklappbrücke, nur effektiver) Turboklimakampfgruppe Kiel (TKKG), bei der am 15. August die komplette Bundesstraße 404 blockiert wurde, um gegen den Bau einer Umgehungsautobahn durch Kleingärten zu protestieren: Die Protestler brachten mit ihrer schlecht improvisierten Straßensperre die Autofahrer zum Kochen, es gab gewalttätige Zwischenfälle und halsbrecherische Durchbruchmanöver ausgeflippter Autofahrer, bei denen zum Glück niemand ernsthaft verletzt wurde. Wir hoffen, dass alle Beteiligten nun einen Gang zurück schalten.
Im Osten geht die Sonne auf
Und für die Bewohner*innen des Kieler Ostufers ist der Kampf um das für das Gemeinwesen so wichtige Freibad Katzheide zunächst gewonnen. Mitte August wurden die Renovierungsarbeiten – natürlich nur vorübergehend, aber immerhin noch irgendwie im Sommer, abgeschlossen, damit die Gaardener, Ellerbeker und Wellingdorfer endlich baden können. Ganz sicher, ob man fertig wird, war man sich bei der Kieler Bäder GmbH auch hier wieder nicht, deswegen war die Pressemitteilung kurz und vorsichtig und die Kieler Nachrichten titelten am folgenden Tag mit „Geglücktes Anbaden in Katzheide“ und wir sinnieren noch ein wenig darüber, wie wohl ein „missglücktes Anbaden“ ausgesehen hätte. Die Diedeldörper bleiben an dieser Stelle unerwähnt, da sie ja am neuen Küstenkraftwerk eine formidable eigene Badestelle haben, deren Charme von See aus betrachtet irgendwie an Castrop-Rauxel erinnert.
Nachtrag: Damit das Anbaden klappt, hat die Baukolonne bei subtropischen Temperaturen eine 16-Stunden-Schicht hingelegt. Schön, dass es so etwas noch gibt und einen herzlichen Gruß an die Handwerker!
Die Kieler gehen baden
Und das taten sie im August am liebsten in der Förde. Die, die konnten, zum Beispiel in Falkenstein, Schilksee und Heikendorf, aber viele eben auch in der Innenförde, unter anderem an der völlig überlaufenen offiziellen Behelfsbadestelle an der Reventlouwiese oder am Fähranleger Bellevue. Man denkt: „Fähranleger? Das ist doch viel zu gefährlich!“ oder wie der zuständige Stadtrat Gerwin Stöcken sagt: „Hafen ist Hafen“. Ja, ok, sehen wir normal auch so, aber der Fähranleger wird gar nicht als Fähranleger genutzt, weil ein Dalben (das sind diese Pfosten, an denen anlegende Schiffe ihre Festmacherleinen antüddeln) ausgetauscht werden müsste und so was kann in Kiel erfahrungsgemäß locker zwei Jahre dauern. Nur am Rande sei erwähnt: In Hamburg dauert so eine Reparatur drei Tage – andere Länder, andere Sitten. Schön, dass wir Menschen so unterschiedlich sind.
Über sieben Brücken …
Na zum Glück haben wir in Kiel jetzt nicht so super viele Brücken. Eine, am Theodor-Heuss-Ring, ist eine monatelange Baustelle, die – wie zuvor die Fahrbahn- und Leitplankensanierung an gleicher Stelle – den kompletten Fahrzeugverkehr aus dem Südosten tagtäglich kollabieren lässt und Tausende Pendler zur Verzweiflung bringt. Ich bin mir relativ sicher, dass Bill Gates das alles initiiert hat, um die Menschen ins Homeoffice zu verbannen und die Weltherrschaft an sich zu reißen. Eine andere ist die Hörnbrücke die weltweit einzige dreigliedrige Faltbrücke für Fußgänger und Fahrradfahrer. Nicht nur die Baukosten von damals 20 Millionen Euro erklären übrigens, warum sonst auf der Welt niemand auf die Idee gekommen ist, so eine Brücke zu bauen, sondern auch die ständigen Ausfälle. Aktuell ist ein Seil aus der Führung rausgesprungen – also aktuell im Sinne von: das war im Mai … Man könnte sich totlachen, wenn es nicht so traurig wäre.