„Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, solange der Klassenerhalt rechnerisch noch möglich ist.“ Seit knapp einem Monat schnellt diese Phrase aus dem Mund der Holstein-Verantwortlichen, hatte man sie zuvor auf Alternativplanungen für eine mögliche Regionalligasaison 2010/11 angesprochen. Noch in dieser Woche könnte dieses zum Running-Gag gewordene Zitat durch sieglose Partien gegen Braunschweig (Mi. 19 Uhr) und gegen Erfurt (Sa. 14 Uhr) in Kiel endlich seine Zelte abbrechen und Raum für eine hoffentlich bessere Zukunft hinterlassen.
Kiel, Dienstag, 13.30 Uhr.
Das obligatorische Pressegespräch vor einem Spiel der KSV Holstein findet in Anwesenheit der selbstverständlich stets gut gelaunten Medienvertreter statt. Dieser Termin läuft seit Mitte Februar eigentlich identisch ab. Schon auf den ersten Blick können einem alle Leid tun: Einerseits Trainer Christian Wück, der immer wieder Worte finden muss, dass seine Mannschaft wohl eigentlich das nötige Zeug mitbringt, um in der Liga zu bestehen und trotzdem nicht gewinnt. Andererseits die Journalisten, die gerne mal wieder Positivmeldungen über den Verein KSV Holstein verbreiten würden, die Ergebnisse der Mannschaft allerdings keinen Anlass dazu geben, und seit einigen Tagen auch die geschäftliche und sportliche Leitung keinen Beitrag dazu leistet.
Das rettende Ufer gerät außer Sichtweite
„Solange es rechnerisch noch möglich ist …“, lautet die Standard-Antwort. Auch heute Mittag noch, als Trainer Christian Wück noch von sieben Punkten ausging, die es für den Klassenerhalt aufzuholen gilt. Nein, sechs Stunden nach dem Pressegespräch waren es bereits zehn, da Werder Bremen II die eigene Pflicht erledigte und mit Jahn Regensburg einen direkten Konkurrenten mit einem stattlichen 4:1-Heimsieg nach Hause geschickt hatte. Bei solchen Ergebnissen werden Träume … Lassen wir das. Auch wenn in der Holstein-Geschäftsstelle seit heute Abend der letzte Abakus nur noch fünf rettende Schiebekügelchen auf Holstein-Habenseite, bei mittlerweile zehn entgegenstehenden Schiebekügelchen, anzeigt, wäre da ja rechnerisch noch etwas möglich. So sind Beteuerungen seitens Andreas Bornemann, es würden noch keine konkreten Planungen – angesichts noch nicht stattgefundener Gespräche mit Sponsoren – für die vierte Liga im Gange sein, zwar verständlich. Wäre es jedoch so, er würde seinen Job nicht erledigen. Und wenn Wolfgang Schwenke hinzufügt: „Wir wollen über dieses Thema derzeit nichts sagen“, hinterlässt das Gesamtbild noch mehr Freiraum für Spekulationen.
Tatenlosigkeit für Verunsicherung zuständig
Die Situation wirkt auf Außenstehende wie die Ruhe vor dem Sturm: Wie groß werden die Etatkürzungen im Falle eines Abstiegs sein? Welche Spielerberater haben Andreas Bornemann wohlmöglich schon signalisiert, ihren Schützling im Falle des Abstiegs an einen anderen Verein transferieren zu wollen? Ist der Rückhalt für Trainer Christian Wück zwar im gerade erst erweiterten Präsidium vorhanden, aber im so kritischen und einst machtvollen Umfeld nicht? Eigentlich wäre es nur allzu selbstverständlich, den Holstein-Verantwortlichen die gebotene Zeit zur Lösung dieser anstehenden Herausforderungen zu gewähren, wäre da nicht der Mangel an konstruktiven Handlungen, besser gesagt der Eindruck an emotionsloser Tatenlosigkeit der KSV Holstein im Jahr 2010. Gab es im voraussichtlichen Abstiegsjahr etwas zu berichten, waren es verspielte Siege, überraschende Suspendierungen im Trainer- und Spielerbereich, langwierige Erkrankungen oder schwere Verletzungen und die offensichtlich beim sportlichen Abstieg tatenlos zuschauende Führungsetage – von dem schleichend wachsenden Misskredit des eigenen Anhangs ganz zu schweigen. Das Licht am Ende des Tunnels ist – noch – nicht erkennbar, für Außenstehende schwer nachvollziehbar.
Zwei flinke, erfahrene, technisch versierte Außenverteidiger gesucht
So sitzen die Medienvertreter aufs Neue im Pressegespräch, hören sich an, dass im kommenden Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig mit den Verletzungen von Jürgensen (schwere Knieprellung), Lamprecht (Oberschenkelverletzung) erneut die halbe Viererkette umgebaut werden muss und fühlen beinahe mit dem Trainer mit, der für die linke Außenverteidigerposition mit dem 19-jährigen Fynn Gutzeit nur eine echte Linksfußalternative im Kader für die linke Außenverteidigerposition besitzt. Und angesichts flinker Braunschweiger Flügelspieler wie Dennis Kruppke und Mirko Boland sollten die Holsteiner Ersatz-Außenverteidiger für Lamprecht und Jürgensen ebenso flink und schnell sein – der 33-jährige Thorsten Rohwer passt da eher nicht ins Schema, Stephan Vujcic belegte in Aue erneut Formlosigkeit, und für Florian Meyer dürfte ein Einsatz über 90 Minuten zu früh kommen. So passt dann zum Schluss noch der Satz des Trainers: „Es fühlt sich so an, als ob sich alles gegen uns verschworen hätte.“ Da fällt einem dann auch nichts Besseres dazu ein, als „solange es rechnerisch noch möglich ist …“
Voraussichtliche Aufstellung:
Frech – Hummel, Schyrba, Rohwer, Schulz – Müller – Heider, Holt, Siedschlag – Sembolo, Cannizzaro.
Anstoß ist um 19 Uhr im Holstein-Stadion.