Lange Beine, blickdichte Nylons, High Heels und falsche Wimpern – wo Gina Davis auftaucht, zieht sie alle Blicke auf sich. „Ich liebe es, im Mittelpunkt zu stehen“, sagt sie – und ihre tiefe, leicht raue Stimme offenbart das Geheimnis, das sie hinter buntem Make-up und einer pinkfarbenen Perücke verbirgt: Gina ist ein Mann. Eine Dragqueen.
In Wirklichkeit heißt Gina Stefan und führt ein ruhiges Leben. Der gelernte Steuerfachangestellte arbeitet als Manager eines Restaurants in Schönkirchen, trifft sich gerne mit Freunden oder guckt gemütlich auf der Couch Trash-TV. Und: Stefan ist schüchtern! „Gina ist genau das Gegenteil von mir: offen und immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen. Das liebe ich an ihr“, erklärt er den Unterschied zwischen beiden Charakteren. Etwa zweieinhalb Stunden braucht Stefan, um sich in Gina zu verwandeln. In dieser Zeit wird auch seine Gestik feminin, der Augenaufschlag verführerisch. „Ich habe keine gespaltene Persönlichkeit, und ich bin auch nicht im falschen Körper geboren. Gina ist für mich eine Kunstfigur“, betont er. Als Travestiekünstler schlüpfe er nur in die Rolle.
Vor fünf Jahren erweckte Stefan Gina zum ersten Mal zum Leben. Damals jobbte er in einer Diskothek in der Nähe von Schleswig. Hier traten regelmäßig Dragqueens auf. „Ich wollte das schon immer ausprobieren, habe mich aber nie getraut“, gibt Stefan zu. Doch dann fiel eine Dragqueen aus. Stefan sprang ein. Die High Heels in Größe 45 besorgte er kurzerhand in einem Geschäft auf der Reeperbahn. Das viel zu enge Zebra-Kleid stammte von H&M. Eine Freundin schminkte den damals 19-Jährigen. „Und dann bin ich auf den Absätzen auf die Bühne balanciert und habe die ganze Nacht gefeiert.“
Seit diesem legendären Abend hat Stefan immer wieder an der Kunstfigur Gina gefeilt, Kleider geshoppt, Schminken via Youtube-Tutorials gelernt und sich eine Fangemeinde aufgebaut. Doch Ginas größter Bewunderer ist Stefans Lebensgefährte Mike. Als die beiden in Kiel zusammenzogen, zog Gina gleich mit ein und bekam ein eigenes Zimmer. Hierin verstaut sie auch ihren neuesten Dress: ein Showkostüm mit riesengroßen Federn à la Las Vegas, das sie für ihre Shows braucht – wie für die „Fashion + Dance“ im CITTI-PARK. Aber auch für private Feiern kann man Gina buchen (ginadavis@hotmail.de). „Party, Show und Konfetti – das ist mein Leben“, sagt Gina. Was sie sich für die Zukunft wünscht? „Ich würde gerne in der Holtenauer Straße einen Ramba-Zamba-Schuppen eröffnen, mit Bar, Musik und Kleinkunstbühne. Und dann: Let’s rock, baby!“