Unfassbar, aber tatsächlich wahr geworden – mit einem 39:29 Kantersieg über den VfL Gummersbach verabschiedete sich der THW Kiel am Samstagnachmittag aus der Spielzeit 2011/2012. Dieser letzte Sieg war das Tüpfelchen auf dem i und bedeutete die „perfekte Saison“. Keine Niederlage in der Bundesliga, nicht mal ein Unentschieden – lediglich in der Champions-League teilte sich der THW dreimal die Punkte mit dem Gegner und musste sich ein einziges Mal gegen gegen Montpellier geschlagen geben. Dem Sieg in der Königsklasse tat dies jedoch bekanntermaßen keinen Abbruch. Triple 2012!!
Mehr Kiel geht nicht!
Dass Trainer Alfred Gislason und seine schwarz-weißen Zebras die 0 halten wollten, stand vor Beginn des letzten Spiels der Saison außer Frage. Gegen Gummersbach musste ein Sieg her – das historische 68:0 sollte triumphieren. Was in der ersten Halbzeit nach einem mühseligen Kraftakt aussah, entpuppte sich in den zweiten 30 Minuten als ein reiner Höhenflug der Kieler. Die Truppe spielte sich einen phantastischen Rausch und zeigte der ausverkauften Halle Handball vom Allerfeinsten. Erleichterung auf der Bank, als der Schlusspfiff ertönte – die Anspannung fiel sichtlich von den Schulter Gislasons. Der zurückhaltende Isländer erreichte damit sein ganz persönliches Ziel – nicht nur alle Titel zu holen, sondern eben auch die Null in der Meisterschaft zu halten. Ein geschichtsträchtiges Ereignis, welches wohl selbst der THW nur schwerlich noch einmal erreichen kann. Vermutlich wird diese Saison ein Rekord für die Ewigkeit sein!
Feierlaune und rührende Momente
Es folgte die Siegerehrung und die Übergabe der Meisterschale, die seit gestern wieder in ihrem wohlbekannten Wohnzimmer in Kiel verweilt. Eben da, wo sie nach dem Selbstverständnis vieler Kieler irgendwie auch hingehört! Neben DHB Pokal und Champions-League Trophäe wurden nach der Siegerehrung die ersten Champagner- und Bierduschen verteilt. Da blieb auch ein feierscheuer Gislason nicht verschont, der von Torjäger Filip Jicha arglistig aus dem Hinterhalt mit einigen eiskalten Litern Bier übergossen wurde. Nachdem das erste große Feiern in der Halle erlosch, gab es noch einmal Gänsehaut-Feeling pur. Obligatorisch wurden die Abgänge würdig verabschiedet. Sowohl Tobias Reichmann (HSG Wetzlar), Milutin Dragecevic (Verein ungewiss), Henrik Lundström (zurück in die Heimat nach Göteborg), als auch Publikumsliebling Kim Andersson (AG Kopenhagen) wurden unter tosendem und anerkennenden Applaus verabschiedet. Besonders der Abgang von Kim Andersson, der nach 7 Jahren Kiel den Rücken kehrt und aus familiären Gründen nach Dänemark wechselt, rührte zu Tränen. „Ich kann einfach nur Danke sagen“, brachte Andersson, der merklich gerührt war, hervor.
Totale Party auf dem Rathausplatz
Während sich die Halle langsam leerte und die Menschenmassen Richtung Rathausplatz pilgerten, auf dem schon weitere 10.000 Zuschauer warteten, die das Spiel zuvor auf einer Videoleinwand live verfolgten, machten sich die THW-Stars derweil ausgehfein für die große Meisterschafts – nein, Triple-Feier auf dem Kieler Rathaus-Balkon. In lässigen Retro-Flieger-Overalls und Pilotenbrillen ging es anschließend für die Überflieger in einem Auto-Corso durch die Stadt. Für eine Strecke von gut 1,5 Kilometern, brauchten die Helden der Handballhauptstadt mehr als eine Stunde, mussten sie doch immer wieder anhalten, um sich gebührend von ihren Fans, die die Straßen der Innenstadt säumten, feiern zu lassen. Kiel sah in diesen Momenten nur noch schwarz-weiß. Dem Abbruch der Stimmung auf dem Rathausplatz tat dies keinen Abbruch, im Gegenteil: Es wurde gesungen, getanzt, getrunken, bis endlich- gegen 20:30h der Auto-Corso samt THW Mannschaft Halt vor den Türen des Rathauses machte, in dem Stadtpräsidentin Cathy Kietzer die Spieler und Trainer freudig begrüßte und ihre Gratulation aussprach. Und da kann es dann auch schon mal passieren, dass Spaßvogel Dominik Klein die Präsidentin filmreif in die Höhe hebt und durch die Gegend wirbelt. Frau Kietzer nahm dies jedoch mit Humor und bedankte sich anschließend bei „Mini“ für diesen Höhenflug.
Es folgte, was folgten musste – das Präsentieren der drei Titel auf dem Rathausbalkon. Meisterschale, DHB Pokal und Champions-League Trophäe wurden den jubelnden Massen gezeigt. Das lange Warten hatte ein Ende. Der absolute Höhepunkt einer unbeschreiblichen und geschichtsträchtigen Saison war erreicht. Ausgelassene Stimmung wohin man sah.
Als es dann auf die NDR-Bühne ging, schritt einer voran: Dominik Klein, der nach dem Abgang von Klaus-Dieter „Pitti“ Petersen den Job des Zeremonienmeisters, Programmleiters und Unterhalters ehrwürdig übernahm, konnte es kaum erwarten zusammen mit den Fans zu feiern.
THW lässt sich von 20.000 Fans feiern
Zwischen Humba, „Auf der Förde schwimmt ein Handball…“ und vielen weiteren klassischen THW-Meisterschaftsfeier Songs, entpuppte sich der 21-jährige Aron Palmarsson als wahres Feiermonster. Kaum zu bremsen, gab er ein Lied nach dem anderen zum Besten und überraschte das Publikum, als er im Kostüm von Maskottchen Hein Daddel auf die Bühne kam. Sein kühler isländisch-cooler Charme blieb auch besonders dem jüngeren weiblichen Publikum nicht verborgen und so musste sich der talentierte Rückraumspieler, der neben Poserqualitäten vor allem eben auch richtig gut Handball spielen kann, immer wieder dem begeisterten Publikum stellen und sich bejubeln lassen. Immer wieder stand er kopfschüttelnd am Bühnenrand und schien diese grandiosen Momente förmlich zu genießen.
Die gesamte Mannschaft sang und feierte bis ultimo mit den Fans und setzte sich selbst ein Denkmal. Der absolute Handballtriumph, mehr geht einfach nicht! Spätestens seit gestern gibt es keine Zweifel mehr: Kiel ist die Handballhauptstadt der ganzen Welt! Danke, THW!
Text: Julia Borrmann und Anja Kühl