Stefanie Heinzmann ist zurück mit ihrem zweiten Album „Roots to grow“. Auch 18 Monate nach ihrem Sieg im Casting-Wettbewerb der Stefan-Raabs-Show „TV Total“ ist die Schweizerin das unverstellte Mädchen geblieben, das mit Stimme statt Starallüren glänzt.
Im KIELerLEBEN-Interview während ihres Promotiontermins bei R.SH und delta im RADIOZENTRUM Kiel sprach sie offen über ihr Leben, ihr neues Album und ihre Mode. KIELerLEBEN: Wie würdest Du die letzten 18 Monate der Stefanie Heinzmann in zwei Sätzen zusammenfassen? Stefanie Heinzmann: Es war alles unfassbar skurril, aber ich hab durch eine seltene Möglichkeit das Privileg erhalten, einen Traum zu leben. Vermisst Du etwas? Jeder Job hat auch negative Seiten, etwa dass ich wahnsinnig selten zu Hause bin. Ich bin eigentlich kein Vöglein, das ständig unterwegs ist, sondern bin total gerne zu Hause. Meine Freunde fehlen mir. Aber sie sind wirklich cool: Niemand wirft mir etwas vor. Das ist großartig. Wie hälst Du Kontakt in Deine Heimat? Durch Internet oder Handy wäre das ja eigentlich kein Problem, aber ich bin nicht dieser Typ dafür. Ich sende höchstens mal kurz eine SMS und frage, wie es ihnen geht. Ich treffe mich lieber mit meinen Freunden, wenn ich wieder zu Hause bin. Kommen wir zu Deinem zweiten Album: "Roots to grow" ist seit drei Wochen im Handel. In einem Interview kurz vor Veröffentlichung hast Du gesagt, dass Du Angst hättest, weil Du am Album nichts mehr beeinflussen könntest. Wie sieht es jetzt knapp einen Monat nach Veröffentlichung aus? Mittlerweile bin ich total entspannt. Ich hatte Angst, weil man von allen Seiten gesagt bekommt, wie schwierig es ist, ein zweites Album herauszubringen. Ich habe riesige Lust auf mein derzeitiges Leben – und das ist abhängig von diesem Album. Ihr habt viel am Album herumexperimentiert. Das Ergebnis ist aber doch wieder ein Funk-, Pop-, Soulalbum. Was ist also anders als beim ersten Album? Der fundamentale Unterschied ist, dass wir viel mehr Zeit hatten: Ich konnte Songs über Wochen hinweg aufnehmen und daran immer wieder herumprobieren. Ich finde, man hört diese stimmliche Weiterentwicklung und dass ich an musikalischem Selbstvertrauen gewonnen habe. Die Produzenten gehören mittlerweile zur Familie, und ich hatte nicht mehr die Angst des ersten Albums, 14 Songs in neun Tagen kommentarlos einsingen zu müssen. Dazu ist es sehr musikalisch – sehr viel Live-Bläser und Live-Streicher – und unfassbar facettenreich: eine Reggae-Nummer, ein Lied im Blues-Brothers-Stil, eine Monsterballade und einen Uptempo-Song, der sich anhört wie Jimmy Hendrix versus Lenny Kravitz. Auf der Scheibe sind auch je eine Nummer mit Ronan Keating und Gentleman. Wie kam es zu der Zusammenarbeit? Da war ganz viel Glück dabei: Wir hatten die Reggae-Nummer, und da ist uns Gentleman sofort eingefallen. Vor zwei oder drei Jahren stand ich auch noch bei Gentleman auf dem Konzert und hab total mitgefeiert. Wir haben gefragt und er hat ja gesagt. Genau so war es mit Ronan Keating. Hast Du die Beiden auch persönlich kennengelernt oder wie läuft heute so etwas? Ronan Keating hab ich leider nicht persönlich kennengelernt, da es alles sehr hektisch war. Gentleman hab ich persönlich getroffen. Es ist eben einfacher, wenn man im gleichen Land unterwegs ist. Es war sehr cool: Gentleman ist unfassbar toll. Das Album "Roots to grow", die erste Single "No one can ever change my mind" – Die Wichtigkeit Deiner Wurzeln und Deiner Identität betonst Du immer wieder. Hast Du in den letzten 18 Monaten Momente erlebt, in denen andere Menschen versucht haben, Dich zu verbiegen? Beim allerersten Fotoshooting zum damaligen Album kannte mich niemand, weil ich neu war und gerade aus dem Casting bei Stefan Raab kam. Eine Stylistin gab mir einen lila Rock und lila Stilettos und meinte: "Zieh das an, deine Klamotten sehen scheiße aus!" Ich hab das sofort verneint, sie bestand aber darauf und meinte: "Natürlich machst Du das! Das ist ein Fotoshooting und du kannst nicht in diesen Klamotten fotografiert werden." Dann fing ich an zu heulen und bekam einen Schreikrampf. Habt ihr denn noch Fotos gemacht? Ja, ich bin ja keine Monsterzicke, die dauertrotzig ist oder jemanden zusammenfaltet. Ich war nur müde, und bin eben ein Sensibelchen, das ganz klein wird, wenn jemand mit irgendwelchen Zwängen daherkommt. Natürlich dachte ich erst, oh man, die Welt ist doch so schlimm, wie alle erzählen. Bereits da hab ich gemerkt, dass mich niemand zu etwas zwingen kann. Wir sind dann zu einem Kompromiss gekommen, haben uns alle verfügbaren Klamotten angeguckt, und sind bei einer Röhrenjeans und Sneakern hängengeblieben, was für mich auch schon das Ultimo war. Mittlerweile wissen die Leute aber, wie ich bin. Ist das auch eine Botschaft an andere junge Künstler, die wie Du noch vor 18 Monaten am Anfang ihrer Karriere stehen? Es ist eine Botschaft an alle Menschen auf dieser Welt. Es muss nicht nur in der Musik sein. Die ganzen Teenies in der Schule ziehen sich alle nur so an, weil es cool ist. Die 15-jährigen sehen heute alle älter aus, als ich. Kein Wunder, dass ich ständig auf 14 geschätzt werde. Ich hab damit kein Problem: Wenn sie sich wohl fühlen, ist es cool. Ich bin einfach der festen Überzeugung, dass man nichts in seinem Leben tun sollte, wenn man nicht dahinter stehen kann – gerade was Klamotten angeht: die sollten ein Teil der Persönlichkeit sein. In Deinem Video zur aktuellen Single schlüpfst Du in die Rolle einer Klischee-Blondine. Wie hast Du Dich gefühlt, als Du in den Spiegel geschaut hast? Ich fand es einerseits ziemlich hässlich, aber auch tierisch lustig. Ich wusste ja, auf was ich mich einlasse, da es meine Idee gewesen war. Aber zwei Stunden umstylen mit künstlichen Fingernägeln, Haarveränderung, mega Silikonkissen im BH und unfassbar hohen Pumps – das ist nix für mich. Deine Deutschland-Tournee startet im Januar, leider kommst Du vorerst nicht erneut nach Kiel, woran liegt’s? Ich kann leider nicht 50.000 Gigs pro Jahr in jedem Club spielen. Woran es genau liegt kann ich nicht genau sagen, das haben meine Konzertmanager zu verantworten. Dafür spielen wir am 9. Januar in Hamburg. Ich war zweimal während in der Kieler Woche hier, und Kiel beeindruckt mich immer wieder. Als Schweizerin ist es doch sehr ungewöhnlich, so viel Wasser und viele Schiffe unmittelbar in der Stadt zu haben. Viel mehr habe ich von Kiel leider noch nicht kennengelernt. Letzte Frage: Wo siehst Du Dich in 18 Monaten? Ich lebe null in der Zukunft, weil ich am eigenen Leib erfahren habe, wie schnell sich alles verändern kann. Wenn mir einer vor drei Jahren gesagt hätte, dass ich hier sitzen würde, hätte ich einen Vogel gezeigt. Mein nächstes Ziel ist erst einmal die Tour, auf die ich mich riesig freue, und der Rest – mal schauen! Das Interview führte Olaf Ernst