- Die NDR Radiophilharmonie unter Dirigent Christian Schumann spielte zum Abschluss des Festivals ein famoses Konzert zu Disney‘s Meisterwerk „Fantasia“. (Bild: Archivbild. NDR / Nikolaj Lund)
Das Schleswig-Holstein Musik Festival 2019 ist zu Ende. Vom 6. Juli bis zum 1. September fand die bereits 34. Auflage der Konzertreihe statt. Am Ende steht ein neuer Rekord: bei über 230 Veranstaltungen waren rund 193.000 Musikfreunde zu Gast. Den Abschluss bildete „Disney in Concert – Fantasia“, gespielt von der NDR Radiophilharmonie, in der Kieler Sparkassen-Arena.
Schon 1940 schuf Disney mit „Fantasia“ etwas, das weithin als eine frühe Form des Musikvideos gilt. Auf der Leinwand erzählen Zeichentrickfiguren mal lustige, mal berührende, immer aber fantastische Geschichten. Lediglich die einzelnen Abschnitte werden von einem Sprecher miteinander verbunden. Die Bilder müssen größtenteils für sich selbst sprechen und werden unterstützt von großartigen Kompositionen. Diese wurden jedoch nicht etwa für das Disney-Meisterwerk geschaffen. Es handelt sich um große Werke von unter anderem Ludwig van Beethoven, Pjotr Iljitsch Tschaikowsky oder Igor Strawinsky. Und natürlich auch von Johann Sebastian Bach.
Ein Festival-Finale ohne Bach wäre auch völlig undenkbar gewesen. Schließlich stand die diesjährige Festivalauflage auch im Zeichen der Komponisten-Retrospektive zu Bach. In rund 120 Konzerten widmeten sich Orchester und Solokünstler dem musikalischen Genie.
Für die filmische Umsetzung bedeutete dies einen ungeheuren Aufwand. In Zeiten, als Zeichentrickfilme noch tatsächlich komplett manuell gezeichnet wurden, mussten die Bilder perfekt auf die Musik passen. Mehr als 1.000 Personen war insgesamt an dem visionären Meisterwerk beteiligt.
NDR-Orchester spielt groß auf
Das Abschlusskonzert wurde von der Radiophilharmonie des Norddeutschen Rundfunks (NDR), dirigiert von Christian Schumann, gegeben. Und zwar im doppelten Wortsinn: das Konzert war ein Geschenk des NDR an das Festival und sein Publikum.
Das 1950 in Hannover gegründete Orchester genießt auch weit über nationale Grenzen hinaus einen ausgezeichneten Ruf, besonders für seine Vielseitigkeit. Die Radiophilharmonie ist nicht auf klassische Sinfonik festgelegt, sondern brilliert auch im Bereich der Filmmusik, der Alten Musik und auch bei Opern und spielt dabei rund 100 Konzerte pro Saison.
Der Dirigent des Abends, Christian Schumann, hat sich vor allem im Bereich der Filmmusik einen Namen gemacht und arbeitete bereits mit renommierten Orchestern überall auf der Welt zusammen.
Fantasia besticht durch zeitlose Schönheit
Die ausgewählten Kompositionen sind ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Sie alle hatten schon bis 1940 mehre Dekaden, teilweise sogar Jahrhunderte überdauert. Aber auch Disneys Zeichner lieferten ganze Arbeit: Den heute fast 80 Jahre alten Filmsegmente sieht man ihr Alter natürlich an, sie haben allerdings nichts von ihrer Strahlkraft und Wirkung eingebüßt.
Bemerkenswert ist, dass man sich für das Abschlusskonzert entschloss, auch Claude Debussys „Claire de lune“ zu spielen. Das zugehörige Filmsegment um zwei Silberreiher wurde aus der Originalfassung von „Fantasia“ gestrichen, erst 1996 wiederhergestellt und lediglich als Bonusmaterial zu jüngeren Auflagen von „Fantasia“ erhältlich.
Auch wenn damals, 1940, der eigentliche Star von „Fantasia“ der brillante Ton war – für die New Yorker Premiere kamen 90 Lautsprecher zum Einsatz – ist es heute Mickey Maus. Die „Fantasia“-Episode mit Mickey als Zauberlehrling zu Paul Dukas‘ gleichnamigem Stück ist heute das Sinnbild für die gesamte Filmsammlung.
Würdiger Abschluss
Nicht nur der Auftritt von Schumann mit der NDR Radiophilharmonie, sondern auch die Wahl von „Fantasia“ als Abschlusskonzert ließen das diesjährige Schleswig-Holstein Musik Festival zu einem grandiosen und würdigen Abschluss kommen.
Freunde klassischer und alter Musik und alle, die es erst noch werden wollen, dürfen sich auf den nächsten Musiksommer freuen. Das Festivalprogramm 2020 wird am 20. Februar veröffentlicht. Im Mittelpunkt der nächsten Komponisten-Retrospektive wird der dänische Nationalheld Carl Nielsen (1865-1931) stehen. Im Zentrum seines Œuvres stehen sechs Sinfonien. »Carl Nielsen ist für uns alle ein Abenteuer im positiven Sinne. Es lohnt sich, ihn zu entdecken und ich bin sicher, dass unser Publikum mitgerissen sein wird«, so Festivalintendant Dr. Christian Kuhnt.
Dass die Wahl auf einen dänischen Künstler fiel, ist kein Zufall: 2020 jährt sich die deutsch-dänische Volksabstimmung zum 100. Mal. 1920 konnten sowohl Dänen als auch Deutsche darüber abstimmen, wo genau die Grenze zwischen Dänemark und Deutschland verlaufen sollte.
Wer die Nachfolge von Stargeigerin Janine Jansen, die das SHMF für seine einzigartigen Spielorte sowie das „ganz besonders warmherzige und euphorische Publikum“ lobte als Porträtkünstler/in antreten wird, ist noch nicht bekannt.