Donnerstagabend spielte der sympathische Belgier Milow auf der R.SH-Bühne an der Hörn. KIELerLEBEN-Redakteurin Katharina Prieß traf sich vor dem Konzert zum exklusiven Interview mit dem 33-Jährigen und sprach mit ihm über norddeutsche Klischees, verrückte Fanerlebnisse und seine Liebe zur Musik.
KIELerLEBEN: Nach 2010 ist das dein zweiter Kieler Woche Besuch. Genießt du es?
Milow: Ich freue mich riesig! Ich erinnere mich noch genau an meinen Auftritt vor fünf Jahren. Als ich damals auf die Bühne kam, sah ich bei einer Frau im Publikum Tränen fließen. Ich dachte nur „Oh Gott, irgendwas stimmt hier nicht.“ Aber wie sich herausstellte, war sie nur froh, mich zu sehen. (lacht) Das hat mich echt gerührt.
Hast du Zeit, um selbst mal über die Kieler Woche zu schlendern?
Ich bin heute am Wasser entlang gejoggt und habe die vielen Stände passiert. Aber niemand hat mich erkannt. (lacht) Naja, vielleicht lag es ja an der Sonnenbrille, die ich aufhatte.
Passiert dir das öfter?
Ich mag es, noch unerkannt in den Supermarkt oder laufen gehen zu können. Zwar hören viele Menschen meine Musik, aber nicht jeder würde mein Gesicht auf der Straße erkennen. Ich würde mich also schon als erfolgreich, aber nicht unbedingt als berühmt bezeichnen.
Hast du denn auch schon mal etwas richtig Verrücktes mit einem Fan erlebt?
Ich finde es schon total verrückt, dass es Leute gibt, die sich stundenlang in eine Schlange stellen, damit sie mich live erleben können. Aber auch BHs und Kuscheltiere auf der Bühne habe ich schon mitgemacht. Ich finde es aber witzig, wenn meine Fans so lustige Sachen machen.
Du hast mal gesagt, dass europäische Publikum wäre zu nett und dass du es magst, in den USA aufzutreten.
Das habe ich gesagt? Wie kann man zu nett sein? (lacht) Aber ich weiß, was du meinst. In den USA kennen mich einfach nicht so viele Menschen. Da gibt es noch viel bekanntere Stars als mich, und ich kann meine Songs quasi anonym testen und gucken, wie sie ankommen. Meine Fans sind ja meist von vornherein positiv gestimmt, was neue Songs angeht.
Du lebst ja auch in Los Angeles. Ist das Leben dort anders als hier?
Ja, Los Angeles ist so etwas wie meine Muse: Ich lasse mich dort nicht so leicht ablenken und kann mich voll aufs Texteschreiben konzentrieren. Wenn ich damit fertig bin, toure ich mit den neuen Songs durch Europa und performe was das Zeug hält. Außerdem muss ich in L.A. zu dieser Jahreszeit keine Socken tragen! (lacht)
Du bist also nicht einfach nur ein Sänger, sondern auch Songwriter?
Mehr als das. Eigentlich mache ich mehrere Jobs auf einmal: Ich schreibe die Texte, singe und performe, drehe Musikvideos und denke über das Drumherum der Shows wie Lichteffekte nach. Musik ist für mich eine Kunst, die ich zu meinem Beruf machen konnte.
Was gehört für dich zu einem gelungenen Song?
Ein guter Song muss etwas Glamouröses haben. Ansonsten verlasse ich mich auf meine Intuition. Wenn ich mir nicht sicher bin, wie das Geschriebene ankommt, wende ich mich an meine engsten Vertrauenspersonen, wie zum Beispiel meine Musiker, mit denen ich toure, oder Freunde, die mich schon vor meinem Durchbruch mit „Ayo Technology“ mochten.
Hat sich dein Leben seit „Ayo Technology“ sehr verändert?
Die Zeit ist echt wahnsinnig schnell vergangen. Ich reise so viel, erlebe so unglaubliche Abenteuer und treffe die unterschiedlichsten Menschen. Ich möchte auch unbedingt nochmal nach Japan, Südafrika und Australien. Im Vordergrund bleibt aber natürlich die Musik. Es ist schwer, den Erfolg zu halten, den man einmal hat. Aber ich sehe das als Herausforderung, die ich gerne annehme.
Wie sehen deine Pläne für den Rest von 2015 aus? Gibt es vielleicht ein neues Album?
Auf jeden Fall werde ich mit meinen Musikern eine große Sommertour mit über 15 Konzerten machen. Wir sind sogar endlich mal etwas öfter in meiner Heimat Belgien: Gleich fünfmal werden wir dort auftreten, dann sehe ich endlich alle mal wieder. (lacht) Außerdem spielen wir auch das erste Mal in Bulgarien. Ich habe aber keine Ahnung, ob und wie oft die Leute mich da überhaupt in ihrer Freizeit hören. Ende des Jahres werde ich dann eine Solo-Tour nur mit meiner Gitarre starten. Und spätestens Ende Januar 2016 soll dann mein neues Album erscheinen. Da wird es übrigens viele Überraschungen, wie zum Beispiel Hip-Hop-Beats zu hören geben.
Haben sich dir schon norddeutsche Klischees bestätigt seitdem du hier bist?
Zum Beispiel, dass ihr Norddeutschen immer so kühl seid? (lacht) Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich finde die Norddeutschen super. Und unter uns: Es ist manchmal sogar schwieriger, die Berliner in Fahrt zu bringen. Jede Region ist anders, und überall gibt es Klischees. Deshalb liebe ich das Reisen auch so sehr. Da kann man sich selbst ein Bild machen und die meisten Klischees verwischen.
Gefällt dir noch etwas an (Nord-)Deutschland?
Ich liebe diese Weitläufigkeit. Belgien ist viel kleiner und die Menschen leben dichter zusammen. Hier fährt man viel länger durch die Landschaften, das ist toll.