Ride like the wind, Sailing, Think of Laura – Gitarrist, Sänger und Produzent Christopher Cross kann auf eine lange Reihe an Hits zurückblicken. Am 29. April erschien „Doctor Faith“, sein erstes Album mit neuen Kompositionen seit über zehn Jahren. KIELerLEBEN traf das musikalische Allround-Talent im Vorfeld seines Radio NORA-Funkhaus-Konzertes.
KIELerLEBEN: Christopher Cross, Sie sind gestern 60 Jahre alt geworden. Hatten Sie Zeit für eine kleine Feier?
Christopher Cross: Ja, ich hätte es fast vergessen, aber einige Leute haben gratuliert. Wir waren ziemlich beschäftigt mit Spielen und Reisen, hatten aber ein gemütliches, kleines Abendessen nach der Show gestern Abend. Heute ist ein sehr arbeitsreicher Tag, aber für mich ist der Geburtstag eh nicht so wichtig. Das Publikum hat aber „Happy Birthday“ nach dem Auftritt gesungen.
„Doctor Faith“ – es ist Ihr erstes Album mit neuem Material seit über zehn Jahren. Was war der Grund, wieder ins Geschäft einzusteigen und eine neue Platte aufzunehmen?
Naja, ich bin immer auf Tour gewesen, habe mehr als 100 Konzerte im Jahr gespielt. Im Letzten Jahr habe ich ein Weihnachtsalbum aufgenommen und die „The Café Carlyle Sessions“ mit Akustikversionen meiner Songs gemacht. Aber ich weiß auch nicht recht, warum es so lange gedauert hat. Es gab viele private Sachen wie meine Scheidung, die mich von der Musik abgehalten haben. Vielleicht habe ich einfach eine kleine Pause gebraucht, insbesondere, um die kreative Energie wachsen zu lassen. Dies hat sehr gut funktioniert. Ich bin äußerst zufrieden mit dem Album und schreibe sehr viele Songs für eine neue Veröffentlichung.
Ihr aktuelles Album ist bereits Ihre achte Platte. Woher nehmen Sie die Inspiration für neue Musik?
Ich habe keine Ahnung. Die meisten Musiker, die ich kenne, sagen, dass sie sich wie ein Medium fühlen. Ich bin nicht parapsychologisch angehaucht, aber es fühlt sich schon irgendwie so an. Du beginnst zu spielen, etwas passiert und es funktioniert. Aber ich denke, es ist eine Mischung aus all den Einflüssen, denen man im Laufe der Jahre ausgesetzt war, und am Ende entsteht etwas in deinem eigenen Stil. Alle Künstler, die mich beeinflusst haben, von Buddy Holly, The Everly Brothers bis zu Brian Wilson, The Beatles und vor allem Joni Mitchell und Randy Newman – all diese Musiker haben mich beeinflusst. Da kommt vieles zusammen und verbindet sich zu einer Art Suppe. Ich schätze, dass es allen Musikern so geht.
Sie befinden sich zur Zeit auf Promotion-Tour für das neue Album und sind auch bei „Wetten, dass…“ am letzten Wochenende aufgetreten. Hat Ihnen die Sendung gefallen?
Es ist eine sehr große Show, und ich bin sehr dankbar, dort auftreten zu dürfen und das Album promoten zu können. Thomas Gottschalk und ich haben einige Sendungen in der Vergangenheit gemacht, und es war sehr schön, ihn wiederzusehen. Er verlässt ja die Sendung. Ich weiß, dass Thomas sich sehr für meinen Auftritt eingesetzt hat, da es sehr schwierig ist, in dieser Show auftreten zu können. Dafür bin ich ihm wirklich dankbar.
Musik ist meine Passion
Gab es die Gelegenheit, mit den anderen Gästen zu plaudern?
Ich habe mich mit Hugh Laurie unterhalten. Meine Keyboarderin Kiki Ebsen singt in seiner Band in Los Angeles. Ich bin ein großer Fan von „Doctor House“, es ist meine absolute Lieblingsserie im Fernsehen. Es ist eine lustige Sache, da ich Kiki über die Jahre mit Alice Cooper und anderen Musikern bekannt gemacht habe, die sie sehr mag. Nun hat sie sich revanchiert, indem sie mich Hugh vorgestellt hat. Das war ein echtes Highlight, da er nicht nur ein klasse Typ ist, sondern auch ein großartiger Schauspieler und Musiker. Außer mit Hugh und Thomas habe ich mit niemandem gesprochen. Es wäre schön gewesen, aber die Arbeit stand im Vordergrund.
1979 wurde Ihr Debüt veröffentlicht, und seitdem sind Sie fast durchgängig im Musikgeschäft aktiv gewesen. Wie schaffen Sie es, so lange Zeit durchzuhalten?
Die Musik ist das Wichtigste. Das wollte ich schon immer machen, seitdem ich zehn Jahre alt war. Ich mache kaum etwas anderes, habe keine Hobbies und war auch kein guter Schüler. Es ist meine einzige Passion, von der ich stärker als jemals vorangetrieben werde und die bestimmt 70 Prozent meines Lebens einnimmt. Musik ist eine sehr große Sache für mich, mit Komponieren, Gitarrespielen und Singen. Ich konnte meine Fähigkeiten als Songschreiber, Musiker und Produzent verbessern und habe nun einfach eine gute Zeit.
Zwischen 1979 und 2011 hat sich die Musiklandschaft stark gewandelt: Vinyl und CDs wurden durch das mp3-Format ersetzt, und Radiosendungen sehen sich mit dem Internet konfrontiert. Auf welche Art und Weise hat sich die Arbeit im Musikgeschäft verändert? Was sind die großen Unterschiede zwischen damals und heute, wenn man als Musiker ein Album veröffentlicht?
Für mich persönlich hat sich nicht viel verändert. Ich versuche nach wie vor, Alben von hoher Qualität abzuliefern. Allerdings ist es seltsam zu sehen, in welche Richtung sich das Musikgeschäft entwickelt hat, mit Downloads und all den Problemen, die mit dem Diebstahl von Musik zusammenhängen. Die Menschen werden von so vielen Dingen abgelenkt. Musik ist nicht mehr die einzige Sache. Als ich aufgewachsen bin, kam Musik eine große Bedeutung zu. Heute gibt es das Internet und soziale Netzwerke, womit ich aber nichts zu tun habe. Ich habe das Schwinden der Elemente meiner Ära mitbekommen, und viele Musiker, die ich respektiere, wie beispielsweise Jackson Brown, würden dasselbe sagen. Wir haben Vinyl veröffentlicht, gingen in Plattenläden, wo man die Sachen kaufen konnte. Du bist auf Tour gegangen, und die Plattenfirma hat sich um die Veröffentlichung gekümmert. Es war eine Art Kreislauf des Lebens, den es nicht mehr gibt. Ich mag immer noch, was ich tue, und ich habe einen etablierten Namen. Ich habe die Möglichkeit, auf Tour zu gehen und kann von meinen Einkünften leben. Allerdings haben es junge Bands heute besonders schwer. Youtube ist zwar eine gute Plattform, um sich ohne Plattenvertrag einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, allerdings befindet man sich in einem stark überlaufenen Feld. Es ist ähnlich kompliziert, wie mitten in einem Fußballspiel die Aufmerksamkeit von jemandem auf sich zu ziehen.
Sie haben also den Eindruck, dass sich für etablierte Künstler nicht viel geändert hat, dass es für junge Musiker dafür jedoch umso schwerer ist, im Musikgeschäft Fuß zu fassen?
Als etablierter Künstler habe ich eine Fanbasis, auf die ich bauen kann. Wenn ich in einer Stadt wie zum Beispiel Hamburg auftrete, kann ich sicher sein, dass auch Zuschauer kommen. Es hängt natürlich davon ab, wer man ist. Zu Bruce Springsteen kommen vielleicht 10.000 oder auch nur 1.000 Zuschauer, aber es werden Fans kommen. Junge Bands leisten großartige Arbeit, aber sie haben es nicht leicht, da es so viele talentierte junge Songschreiber gibt. Das Geschäft ist offener geworden, jeder kann Musik auf Youtube hochladen und sich so vermarkten, aber deshalb ist das Musikgeschäft auch so überlaufen. Dies macht es so schwierig, die Aufmerksamkeit zu erlangen. Es wird sehr viel großartige Musik veröffentlicht, die mir auch gefällt.
Kleine Konzerte sind sehr unterhaltsam
Bleiben wir bei ihren persönlichen Favoriten. Gibt es neue Musiker, die Ihnen gefallen?
Ich höre sehr viel Musik und versuche immer, mir den Namen zu merken. Eine Musikerin, die nicht wirklich neu ist, mir aber sehr gut gefällt, ist Imogen Heap. Ich bin ein großer Fan ihrer Arbeit. Sie ist sehr kreativ und clever, veröffentlicht großartige Alben. Diese unterscheiden sich zwar sehr von meiner Musik, es ist eher eine Art Techno-Pop, aber sie ist eine großartige Sängerin und technisch sehr kreativ. Ich höre sie wirklich sehr viel.
Die werde ich mir mal anhören.
Ja, in Europa ist Imogen Heap noch ziemlich unbekannt. Nur in Großbritannien kennt man sie, da sie von dort stammt. In Amerika dagegen genießt sie große Popularität,
Eine letzte Frage: Wie gehen Sie mit der Promo-Arbeit um? Macht es Ihnen Spaß, oder ist es eher ein notwendiges Übel?
Die kleinen Konzerte für das Radio vor rund 100 bis 150 Zuschauern, die ich zur Zeit spiele, sind sehr unterhaltsam. „Wetten, dass…“ war eine fantastische Möglichkeit, vor einem so großen Publikum aufzutreten. Dort sind die Zuschauer aber nicht gekommen, um mich zu sehen. Bei den Radiokonzerten rufen die Leute jedoch extra beim Sender an, um ein Ticket zu gewinnen. Ich weiß also, dass die Zuschauer wirklich für mich gekommen sind. Es sind also sehr innige Konzerte, eher in die Singer/Songwriter-Richtung, die mir viel Freude bereiten. Ich mag es auch, mit einer Band vor großem Publikum zu spielen, aber dies hier macht wirklich sehr viel Spaß. Wenn es um die Interviews geht – um die Wahrheit zu sagen, es steht und fällt alles mit den Fragen, die gestellt werden. Wenn der Interviewer gut informiert ist, sich das Album angehört hat, die Songs kennt und intelligente Fragen zur Musik stellt, mache ich gerne mit. Wenn es derselbe langweilige Kram ist, bleibe ich selbstverständlich höflich. Allerdings empfinde ich es dann als notwendiges Übel, um das Album zu promoten. Dabei fällt mir eine Geschichte über Mick Jagger ein. Ein berühmter amerikanischer Journalist fragte ihn in einem Interview: „Welche Fragen hassen Sie am meisten?“, woraufhin Jagger antwortete: „Die, die Sie mir gerade gestellt haben.“ So etwas lässt man nur Mick Jagger durchgehen.
Da habe ich aber Glück, dass ich das Interview mit Ihnen führe.
Keine Sorge (lacht). Ich würde niemals gemein zu einem Interviewer sein. Generell gilt jedoch, dass Journalisten, die für ein Printmedium arbeiten, interessanter für mich sind. Im Morgenradio geht es meistens nur „Hey, wie geht’s?“. Die Arbeit von Print-Journalisten besteht jedoch zu großen Teilen aus Recherche und Lesen. Man kann nicht ohne Vorbereitung in ein Interview gehen. Sich im Vorfeld zu informieren, ist für mich ein Zeichen von Respekt.
Das Interview führte Jan Schernbeck.
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