In jedem Jahr reisen Schüler, Studenten und Deutschlehrer aus allen Teilen der Welt in die Bundesrepublik, um im Rahmen eines interkulturellen Austauschs das Leben der Menschen hier kennenzulernen. Um ganz nah dran zu sein an Land und Leuten, wählen sie den Aufenthalt in einer Gastfamilie. Aber wie wird man Gastfamilie?
Bettina Wiedmann, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation Experiment e.V., die sich seit 1932 weltweit mit interkulturellem Austausch befasst, erklärt, welche Voraussetzungen ein Gastgeber benötigt, um für zwei Wochen, einige Monate oder ein ganzes Jahr ein neues Familienmitglied auf Zeit aufzunehmen.
Was macht eine Gastfamilie?
Eine Gastfamilie nimmt für eine gewisse Zeit einen Schüler, Studenten oder Erwachsenen in den Familienkreis mit auf. In der Zeit soll er/sie aber eigentlich nicht nur Gast sein, sondern vielmehr ein vollwertiges Familienmitglied „auf Zeit“, mit allen Pflichten und mit allen Rechten.
Wie lange ist man Gastfamilie?
Das kommt ganz auf die Bereitschaft der Familie an. Als Einstieg kann man sich für eine Kurzzeitaufnahme entscheiden. Das Auswärtige Amt finanziert beispielsweise zwei Wochen lange Aufenthalte von ausländischen Studierenden in deutschen Gastfamilien. Wer länger einen Gast aufnehmen möchte, kann einen Austauschschüler aufnehmen, der ein halbes oder ganzes Jahr in Deutschland zur Schule geht.
Welche Voraussetzungen benötigt man?
Am wichtigsten sind Humor, Neugier und Offenheit, denn eine Gastfamilie holt sich die Welt buchstäblich nach Hause. Die Gastgeber werden zu Weltenbummlern in den eigenen vier Wänden, sozusagen „Hometrotter“.
Muss die Gastfamilie in einer bestimmten Gegend wohnen, zum Beispiel in einer Großstadt?
Nein, man kann überall Gastfamilie werden, auf dem Land, in der Stadt.
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Ist ein eigenes Zimmer notwendig?
Nicht unbedingt, das Zimmer sollte aber ausreichend Platz für Privatsphäre haben. Für längere Aufenthalte ist ein eigenes Zimmer für alle Beteiligten von Vorteil.
Welche Kosten entstehen der Gastfamilie?
Es entstehen die üblichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Die Austauschgäste finanzieren private Aufwendungen selbst. Dazu zählen zum Beispiel auch Monatstickets, Klassenfahrten, Ausflüge, und so weiter.
Werden „Extras" von der Gastfamilie erwartet, zum Beispiel Ausflüge und Reisen?
Nein, denn es geht darum, den Alltag kennenzulernen. Der alleine bietet ausreichend Abenteuer und Abwechslung.
Kann sich die Gastfamilie ihren neuen Mitbewohner aussuchen?
Gastfamilien können gewisse Wünsche angeben, wie Alter oder Geschlecht. Es wird dann ein Teilnehmer vorgeschlagen, und die Familie kann in Ruhe entscheiden. Natürlich versucht man, gemeinsame Interessen und Hobbys zu finden, auch Allergien werden berücksichtigt, zum Beispiel gegen Haustiere.
Ist bei Problemen ein Gastfamilienwechsel möglich?
Generell ja, aber es ist stets die allerletzte Option. Meistens lösen sich die Probleme vorher durch Offenheit und die Bereitschaft, einen gemeinsamen Weg zu finden. Ein örtlicher Ansprechpartner übernimmt dabei die Rolle des Vermittlers.
Wie werden die Teilnehmer auf ihren Aufenthalt vorbereitet?
Die Vorbereitung variiert je nach Länge des Aufenthaltes. In der Regel besuchen alle Teilnehmer ein Vorbereitungsseminar – entweder im Heimatland oder in Deutschland. Die Austauschschüler treffen sich auch nach der Hälfte und am Ende des Aufenthaltes, um sich auszutauschen.
Bis wann sollte sich eine interessierte Gastfamilie bewerben?
Jederzeit. Interessenten, die im Winterhalbjahr 2010/2011 einen Gastschüler aufnehmen wollen, sollten sich jetzt melden.
Weitere Informationen zum Thema gibt es bei www.aja-org.de (Dachverband gemeinnütziger Jugendaustauschorganisationen), unter www.bundestag.de/ppp (Parlamentarisches Patenschaftsprogramm des Deutschen Bundestages und des US-Kongress) und bei www.experiment-ev.de.