- In der „Night of Lights“ leuchteten die Veranstaltungshäuser der Branche in rot (Bild: S. Schulten)
- Michael Thies und Carlos Lehne (v. li.) wünschen sich den Dialog mit der Politik darüber, wie es mit der Veranstaltungswirtschaft künftig weitergeht (Bild: S. Schulten)
- (Bild: S. Schulten)
- Auch das Kieler Rat- und Opernhaus beteiligten sich an der Aktion (Bild: S. Schulten)
In ganz Deutschland strahlten am 22. Juni die Veranstaltungs-Locations bundesweit ihre Gebäude mit roter Beleuchtung an, um auf die dramatische Situation in der Veranstaltungswirtschaft aufmerksam zu machen. So wurde auch die Landeshauptstadt in einen mahnenden roten Schleier gehüllt.
In den Fenstern des Kieler Veranstaltungszentrums Pumpe hängen noch die Plakate der Band Pascow und des Singer/Songwriters Jaimi Faulkner. Ihre Konzerte sollten im Januar und März stattfinden. Es waren die ersten Konzerte von Künstlern, die zu Anfang des Jahres endgültig dem Shut Down und den damit einhergehenden Hygienevorschriften zum Opfer fielen. Noch an diesem Abend kleben sie wie Mahnmale an den Scheiben der Kieler Kulturinstanz, die für viele so viel mehr ist als irgendein Konzertsaal oder austauschbares Veranstaltungshaus.
Sie werden rot angestrahlt von den Scheinwerfern, die rings um den Eingang der Pumpe aufgestellt sind und das Gebäude hell erleuchten. Die Pumpe ist eines der Kieler Bauwerke, welches bei dem stillen Protest teilnahmen. Bundesweit seien rund 3.000 Gebäude in 250 Städten beteiligt gewesen.
Michael Thies und Carlos Lehne (v. li.) wünschen sich den Dialog mit der Politik darüber, wie es mit der Veranstaltungswirtschaft künftig weitergeht (Bild: S. Schulten)
„Als ich die Info bekam, dass die Pumpe an der bundesweiten Aktion mitmacht, war ich sofort dabei, habe mein Equipment eingepackt und bin hergekommen“, sagt Michael Thies, Geschäftsführer von MichaLights. Thies ist für die Installation der Technik verantwortlich, welche die Pumpe an diesem Abend in rotes Licht hüllt. Als Solo-Selbtständiger ist der Bühnentechniker einer von hunderttausenden Betroffenen, die mit dem Veranstaltungs-Geschäft ihr Geld verdienen. Spätestens seit dem 10. März liegt ihre Einnahmequelle jedoch auf Eis. Seitdem wurde einem ganzen Wirtschaftszweig die Erwerbsgrundlage entzogen.
Veranstaltungszentren, Kongresshäuser, Tagungshotels und Spielstätten wie Theater, Philharmonien, Konzerthallen und Schauspielhäuser leben von ihren engagierten Mitarbeitern und den Geschäftspartnern, die kleine und große Veranstaltungen durchführen.
„Wir verkaufen die Magie eines Abends an ein Publikum und machen Veranstaltungen zu etwas Besonderem“,
sagt Thies. „Da gehören viele Menschen dazu“. Carlos Lehne, Booker und Produktionsleiter der Pumpe bestätigt Michael Thies, mit dem er jahrelang Veranstaltungen durchführte. Corona hat alles verändert. Doch wo anderen Branchen durch schnelle Soforthilfen und kurzfristige Finanzspritzen unter die Arme geholfen würde, steht die Veranstaltungswirtschaft mit leeren Händen dar. „Die Branche hat mehr Betroffene als die Auto-Industrie“, sagt Lehne. Die Branche sei komplex und vereint die unterschiedlichsten Gewerke zu einem Event. Und das gehe bereits im Kleinen los, erläutert Carlos. Während im großen Saal bis zu 750 Gäste zum Normalbetrieb reingehen, sind es unter Einhaltung der Corona-Vorschriften aktuell lediglich 32, rechnet Carlos Lehne vor. „Wirtschaftlich machen solche Veranstaltungen kein Sinn, sondern können lediglich als Geste verstanden werden“, sagt Carlos. „Veranstaltungen in so einer Konstellation können wir nicht ewig stattfinden lassen, schließlich müssen wir auch die Kosten im Auge behalten.“ Und die seien nicht gering. Agenturen und Dienstleister wie Sicherheitsfirmen oder Bühnentechniker müssten bezahlt werden.
(Bild: S. Schulten)
Trotz rund einer Million direkt Beschäftigter in Deutschland und eines Jahresumsatzes von 130 Milliarden Euro steht die Veranstaltungswirtschaft ohne Lobby dar. Das sei eines der Gründe, warum sie bisher so wenig Hilfe von Seiten der Politik erfahren habe. Gerade weil sie sich aus unterschiedlichsten Gewerken zusammensetzt und Subunternehmen vereint, habe die Veranstaltungswirtschaft keine zentrale Lobby. Mit der Night of Light wollen die Akteure und Dienstleister der Branche dennoch auf sich aufmerksam machen und fordern lediglich den Dialog mit der Politik. „Wir verlangen lediglich eine Gesprächsform, in der geklärt wird, wie es langfristig weitergehen könnte“, sagt Michael Thies. Ihm sei lediglich wichtig zu wissen, wann er für sein Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen müsse.
Die Konzerte von Faulkner, Pascow und Co sind jedenfalls erst einmal auf 2021 verschoben. Ob diese in der Pumpe stattfinden können und welche Menschen und Mitarbeiter sie realisieren werden, bleibt abzuwarten.