Jeden Monat wagt KIELerLEBEN-Redakteurin Jana Kringel einen spannenden Selbstversuch. Diesmal hat sie ein Möbelstück bei Stattfein in Krummbek aufbereitet.
„Susis Bürorolle“ – so hieß das letzte handwerkliche Projekt, an das ich mich zu Schulzeiten gewagt habe. Ein bisschen erinnerte der Hund aus Holz an einen Wackeldackel, sein Kopf war auf eine Sprungfeder gesteckt, ein Stab zwischen zwei Holztafeln, die den Vorder- und Hinterteil des Tieres bildeten, diente als Halterung für eine Papierrolle. Ich erinnere mich mit Stolz, dass ich von meiner Lehrerin eine 1+ bekam und frage mich, ob ich auch heute noch so ein handwerkliches Geschick an den Tag legen kann.
Umso aufgeregter bin ich vor meinem Termin in Krummbek bei Schönberg, wo ich auf Maren Jaenisch und Niels Dittmer von Stattfein treffe. Hier vereinen die Raumausstatterin und der Tischler Wohn- und Arbeitsbereich, Familien- und Geschäftsleben. Einen Holzstuhl darf ich heute aufbereiten und polstern, so die Information, die ich bis dato habe. Als ich nach einer halbstündigen Autofahrt bei Maren und Niels eintreffe, herrscht gerade reges Treiben in der Tischlerei. Nach einer herzlichen Begrüßung führt Maren mich in den Nebenraum, die Ausstellungsfläche von Stattfein, auf der Liebhaber von Vintage-Möbeln und -Objekten jeden letzten Sonntag im Monat nach Herzenslust stöbern und kaufen können. „Dieser monatliche Tag der offenen Tür ist immer wieder eine Freude“, sagt Maren begeistert und erklärt mir, dass die Besucher dann nicht nur für die Ausstellung kommen, sondern auch ihre Antik-Sammlung im gegenüberliegenden ehemaligen Dorfladen „Annita“ besuchen oder sich noch eine Erfrischung in Witt’s Gasthof gönnen.
Auf zwei Ebenen erstreckt sich vor mir der rustikale Ausstellungsraum des schönen, alten Landhauses, in dem ich am liebsten gleich einziehen möchte. Mit viel Gespür für das Besondere wurden hier alte Möbel, Lampen, Uhren und Vasen zusammengestellt, auf den Regalen und an den Wänden entdecke ich Gemälde, die mich in Zeiten stattlicher Herrenhäuser zurückversetzen. Maren will mir das Möbellager bei der Kerzenscheune, etwa 100 Meter vom Haus entfernt, zeigen, damit ich mir einen Stuhl aussuchen kann – mein Projekt für die nächsten Stunden. „Die alten Möbel kaufen wir bei verschiedenen Trödlern. Vieles kommt aus Schweden“, erzählt sie mir auf dem Weg zum Lager. In dem Land gebe es eine hohe Wertschätzung für alte Möbel, die Sachen seien in besonders gutem Zustand.
Die Holzstühle, vor denen ich jetzt stehe, sehen genauso aus wie diejenigen, auf denen ich als kleines Mädchen in der Grundschule gesessen habe. Maren erklärt mir, dass eine regionale Grundschule ihren Möbelbestand aufgelöst habe und sie so an die kleinen Schätze gekommen sei. Zusammen suchen wir uns zwei Stühle aus und kehren zur Ausstellung zurück. Von hier aus gelangen wir in einen weiteren Nebenraum, wo das richtige Werkzeug auf mich wartet, mit dem ich mich jetzt beim Polstern eines Holzstuhls beweisen darf. In einem ersten Schritt schleifen wir die Stühle mit einer Maschine von allen Seiten an. Dadurch werden einzelne Partien aufgehellt und es entsteht ein schöner Vintage-Look. Ich stelle fest, dass ich mich beim Schleifen gar nicht so blöd anstelle. Allerdings bekomme ich vom Gewicht der Schleifmaschine schnell einen lahmen Arm. „Jetzt kommt auch schon das Sitzpolster“, sagt Maren motiviert als ich fertig bin. Dafür legen wir die Stühle wie eine Schablone mit der Sitzfläche nach unten auf ein großes Stück Schaumstoff, markieren die Umrandung der Sitzfläche, indem wir mit einer Nadel an den Rändern entlangfahren und so einen Abdruck hinterlassen. Danach schneiden wir unser markiertes Stück mit einer Schere aus. Bei Maren passt das Polster wie angegossen auf die Sitzfläche. „Bei dir können wir das Ganze beim Kleben noch ein bisschen zurechtziehen“, versucht sie mich zu trösten, als wir mein etwas zu kurz geratenes Polster betrachten. Als wir sowohl die Sitzfläche des Stuhls als auch die Unterseite des Polsters mit Kontaktkleber bearbeitet und das Polster aufgelegt haben, merke ich, dass sie Recht hat.
Über das Polster legen wir jetzt eine dünne Wattierung, die wir etwas großzügiger zugeschnitten haben. Mittig fixieren wir das weiche Material mit einem Sprühkleber auf unserem Sitzpolster. Dann stülpen wir die überschüssigen Reste zur Unterseite des Stuhls. „Jetzt kommt der Tacker zum Einsatz“, erklärt Maren. Ich muss zugeben, dass ich vor dem Gerät, das an einen Kompressor angeschlossen ist, großen Respekt habe. Mit der einen Hand muss ich das Material umstülpen, mit der anderen den Tacker ansetzen. „Klack! Klack!“, höre ich die Nadeln durch die Watte in das Holz schießen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, finde ich. Auch Maren nickt mir aufmunternd zu. „Jetzt kannst du dir aus dem Schrank hinter dir einen Stoff aussuchen“, sagt sie. Ich entscheide mich für ein buntes Muster mit Blumen und Vögeln. Anders als bei der Watte, fixiere ich die Enden zunächst mit Nägeln. „Damit kann man den Stoff vor dem Tackern schon gut spannen und sie lassen sich leichter entfernen als Tackernadeln, wenn etwas schief geht“, betont Maren. „Die Kunst besteht darin, keine Wellen im Stoff entstehen zu lassen. Am besten fängst du an den Längsseiten mittig an, dann die gegenüberliegende Seite und dann kannst du dich nach außen arbeiten.“ Gesagt, getan. Da die Ecken am schwierigsten zu bearbeiten sind, spare ich sie erst einmal aus. Als ich fertig bin, greife ich wieder zum Tacker. Stück für Stück ersetze ich die Nägel durch Tackernadeln. Stolz sehe ich, dass ich kaum Wellen verursacht habe – bis ich an den Ecken ankomme. Bevor etwas schief geht, eilt Maren mir zu Hilfe und zieht so fest am Stoff, bis alles sitzt. „Klack!, Klack!“ – fertig. Mehr als vier Stunden habe ich für das Aufarbeiten des Stuhls gebraucht. „Der landet jetzt zum Verkauf bei DaWanda“, höre ich Maren sagen. Dort findet der Online-Verkauf von Stattfein statt. So schlecht kann meine Arbeit also, obwohl der kleine Vogel des Stoffes auf dem Kopf steht, nicht gewesen sein. Auf dem Heimweg frage ich mich, ob man vom Polstern Muskelkater in den Fingern bekommen kann – definitiv!
Stattfein
Im Dorfe 17, Krummbek
Tel.: (04344) 69 29
E-Mail: post@stattfein.de
www.facebook.com/stattfein