Was hat ein erfülltes Liebesleben mit Nachhaltigkeit zu tun? Eine ganze Menge, findet das Team von Libiduu,
ein Forum für selbstbewusste weibliche Sexualität in Kiel. Wenn das fünfte der 17 Ziele für eine nachhaltige
Entwicklung der Agenda 2030 Geschlechtergleichheit fordert, so gelte dies auch für die Sexualität.
„Die Darstellung davon, was guten Sex ausmacht, ist leider nach wie vor sehr männlich geprägt“, sagt Elisa Sievers. Die Pädagogin gehört zu den Gründerinnen von Libiduu. „Ob in Pornographie, Filmen oder Zeitschriften, stets steht die männliche Lust und ihre Befriedigung im Mittelpunkt, richten sich dargestellte Formen der Intimität primär an (vermeintlichen) männlichen Bedürfnissen aus – mit fatalen Folgen für das sexuelle Selbstbild der Frauen. Zudem messen diese sich immer noch an unrealistischen Schönheitsidealen, was sich nicht nur negativ auf ihr Selbstwertgefühl und ihre Gesundheit auswirkt, sondern auch der absolute Lustkiller ist.“ „Und wenn wir schon von Lust sprechen ...“, fährt ihre Teamkollegin Eva Ristau fort „ ... bis heute scheint es da für Frauen kein richtiges Maß zu geben. Zwischen abfälligen Bezeichnungen wie ‚prüde‘ und ‚billig‘ fehlen die Vorbilder für eine gesunde weibliche Lust. Dabei ist der weibliche Körper durch die Klitoris mit dem einzigen menschlichen Organ ausgestattet, das ausschließlich dem Lustempfinden dient. Wenig verwunderlich, dass dies bisher in kaum einem Anatomiebuch richtig abgebildet wurde,“ erzählt die Archäologin.
Von der Stadt gefördert
Eva, Sanna und Elisa sind drei junge Kielerinnen, die dieses Ungleichgewicht in Sachen Liebesleben nicht länger hinnehmen wollen. Im yooweedoo-Ideenwettbewerb 2021, gefördert von der Landeshauptstadt Kiel, gründeten sie das Projekt „Libiduu”. Sie wünschen sich, dass Frauen sich nicht länger an vorgegebenen Idealen orientieren, sondern eigene Zugänge zu ihrer Sexualität finden und dadurch neue, lebensnahe Vorbilder erschaffen. Dafür veranstalten sie Vorträge zu sexueller Bildung, öffnen mit der monatlichen „Libiduu-Lounge” einen geschützten Raum für Austausch unter Frauen und bieten weiterführende Seminare und Workshops zu Themen wie Zyklusachtsamkeit, Körperbewusstsein und Paarkommunikation an.
Die anfängliche Scham überwinden
Im vergangenen Jahr haben sie mit 28 Veranstaltungen mehr als 200 Frauen erreicht. „Die Resonanz ist großartig”, erzählt die Kunststudentin Sanna Maier begeistert. „Ist die anfängliche Scham einmal überwunden, gibt es einen enormen Gesprächsbedarf und wir stellen immer wieder fest, dass die Fragen und Herausforderungen vieler Frauen im Grunde dieselben sind”. Am meisten liegt ihnen das Thema der Eigenverantwortung am Herzen. „Die eigenen sexuellen Bedürfnisse und Grenzen wahrzunehmen, zu kommunizieren und dafür einzustehen, ist für viele noch herausfordernd. Gemeinsam können wir uns dabei unterstützen, das zu ändern. Eine selbstbestimmte und erfüllte Sexualität wirkt sich nicht nur positiv auf Selbstwertgefühl und Gesundheit der Frauen aus, sondern führt auch zu einer größeren Zufriedenheit in Beziehungen und einer erhöhten Lebensqualität allgemein.”
Libiduu setzt sich für eine Gesellschaft ein, in der Solidarität statt Konkurrenz unter Frauen herrscht und in der weibliche Lust und Sexualität weder Tabuthema noch Mysterium sind, sondern selbstverständlich.
Mehr dazu unter www.libiduu.com und www.instagram.com/libiduu.