Am 12. Mai feiert ein szenischer Musical-Abend über Linda Lee Thomas statt, deren Leben es an Highlights und Tiefpunkten wahrlich nicht mangelte. Wir hatten die Gelegenheit, das Stück schon vor der Premiere zu sehen und mit der Schauspielerin Katharina Abt zu sprechen.
„Kiss me Kate“, „Can-Can“, „Night and Day“ und dazu noch der Film „De-Lovely“ von 2004 über sein Leben: Cole Porter, einer der großen US-amerikanischen Komponisten und Liedtexter, ist auch hierzulande vielen Menschen bekannt. Und wenn nicht sein Name, dann doch zumindest seine Songs.
Anders verhält sich das mit Linda Lee Thomas. Sie war über Jahrzehnte die (Ehe-)Frau an Cole Porters Seite und seine Muse. Und doch ist über sie, die selbst aus amerikanischem Geldadel stammt, nur wenig bekannt.
Das One-Woman-Musical „Alles Liebe, Linda“ (im Original: Love, Linda: The Life of Mrs. Cole Porter) schickt sich an, das zu ändern. Das beeindruckende und berührende basiert auf der wahren Geschichte von Linda und Cole und erzählt ihr gemeinsames Leben aus Lindas Sicht durch Coles Songs.
Verkörpert wird Linda auf der Bühne des Kieler Opernhauses von Katharina Abt, die sowohl am Kieler Theater (etwa gerade als Lady Milford in „Kabale und Liebe“) als auch in der deutschen TV-Landschaft („Rosenheim Cops“) ein bekanntes Gesicht ist.
Wir hatten das Glück, das Stück schon vor der Premiere (12. Mai 2023) sehen zu dürfen und sind von Songauswahl, Inszenierung und Energie des Abends begeistert!
In rund 75 Minuten führt Abt durch einen szenischen Liederabend und stellt dabei einmal mehr – zumal als Solokünstlerin unter sozusagen erschwerten Bedingungen – ihr schauspielerisches und Gesangs-Talent unter Beweis. Ein Porter-Hit folgt auf den nächsten, verbunden von mal dramatischen, mal humorigen Erzählungen, die nicht nur die Story voranbringen, sondern Abt auch zu kleinen Verschnaufpausen bei ihrem Parforceritt durch Lindas Leben verhelfen. Und so lernt man als Zuschauer:in Linda als eine starke und auch eigenständige Person kennen, die eben viel mehr ist als nur die Frau des großen Cole Porter.
Bislang sind Vorstellungen von „Alles Liebe, Linda“ an drei Abenden (12.05., 18.06. und 04.07.) geplant. Tickets gibt es auf theater-kiel.de, unter der Rufnummer 0431 – 901 901 sowie an den Vorverkaufsstellen des Theaters Kiel.
Kurz vor der Premiere haben wir Katharina Abt zu einem kurzen Interview treffen können:
Kielerleben: Ist „Alles Liebe, Linda“ als One-Woman-Show für dich eine besondere Herausforderung oder ist es so etwas wie ein Geschenk, alleine auf der Bühne zu stehen?
Katharina Abt: Das macht schon wahnsinnigen Spaß – ich liebe es aber auch, mit Kollegen zu spielen. Ich freue mich, so ein Stück mal alleine gestalten zu können – aber ich brauche das nicht immer. Und ganz alleine bin auch nicht: Ich habe ja die Band. Und ich glaube, wenn das Publikum im Saal sitzt und reagiert und Spaß hat, dann wird das wie ein Kollege sein.
Kielerleben: Linda ist eine reale Person der Zeitgeschichte und auch noch gar nicht so lange tot. Macht es das einfacher oder schwieriger, in die Rolle zu finden?
Katharina Abt: Jede Rolle ist auf ihre Weise leicht oder schwer und das hat nichts mit der Zeit zu tun, in der sie gelebt hat. Ich unterrichte ja auch Schauspiel und ich versuche meinen Schülern immer klarzumachen, dass sie aus sich schöpfen müssen. Das heißt nicht, dass man alle Rollen gleich und wie man selbst ist spielen soll. Aber man muss aus dem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen. Deshalb bleibt auch Linda für mich modern – ich bin gleichzeitig mit ihr. Ich bin aber auch gleichzeitig mit Lady Milford (Abts Rolle in „Kabale und Liebe“, Anm. d. Red.), wenn ich die spiele.
Kielerleben: Wenn man anfängt, zu Linda zu recherchieren, dann liest man vor allem immer wieder, dass sie Cole Porters Frau war. Es gibt keine Biografie oder so etwas über sie. Wie näherst du dich einer Person an, über die es kaum etwas gibt?
Katharina Abt: Zunächst einmal gab es eine gute Mappe von der Dramaturgie des Theaters zur Vorbereitung, das hat geholfen. Letztlich erschließt sich diese Rolle aber über die Musik. Das ist ja das Tolle, das Reizvolle bei diesem Abend an dem Abend: Lindas Gefühle spiegeln sich durch die Songs, die der Mann, über den ich die ganze Zeit auf der Bühne rede, geschrieben hat. Die Songs bringen zum Ausdruck, was ich eigentlich gerade sage und das ist so komplex, das ist fast schon Psychoanalyse. Das finde ich richtig gut!
Kielerleben: Dabei handeln ja aber die wenigsten Cole-Porter-Songs von Linda oder sind ihr gewidmet …
Katharina Abt: Linda kann das ja aber natürlich trotzdem auf sich beziehen oder über die Liebe an sich singen. Zum Beispiel „In the still of the night“. Natürlich hat Cole Porter das für diesen Tänzer geschrieben, weil er so eine Sehnsucht hatte. Da kommen ja auch Passagen aus Briefen fast wortwörtlich in dem Liedtext vor. Aber sie kann es ja auch empfinden. Sie hat ja auch eine tiefe Sehnsucht nach ihrem Mann und so singt sie es für Cole Porter, obwohl der es für einen anderen geschrieben hat. Das sagt sie ja auch ganz am Ende: „Liebte ich ihn mehr als er mich? Zeitweise bestimmt.“ Darüber kann man einen ganzen Roman schreiben. Da steckt ja ein ganzer Ozean drunter, denn sie gibt sich ja damit zufrieden.
Kielerleben: Wir hören in „Alles Liebe, Linda“ ja nur eine kleine Auswahl von Cole Porters Songs, eine Art Best-of. Hast du trotzdem Lieblingsstücke oder Songs, die irgendwie besonders für dich sind?
Katharina Abt: Ja! Den Song „Riding High“. Ich habe den nach kurzer Zeit der Proben einfach nur den „Koks-Song“ genannt, weil sie da so auf Drogen sind … das ist so ein verrückter und überkandidelter, energetischer Song – der macht großen Spaß. Und all diese schönen Liebeslieder … eigentlich habe ich, ganz ehrlich, nur Lieblingslieder an diesem Abend.
Kielerleben: Sind die Lieder dieses Abends eigentlich anspruchsvolle Stücke? Hast du etwas gelernt?
Katharina Abt: Ja, für mich als singende Schauspielerin ist das schon sehr anspruchsvoll. Cole Porter ist oft wahnsinnig tief und wahnsinnig hoch in einem Song – da habe ich viel gelernt. Aber man wächst mit seinen Aufgaben und das will ich immer. Das ist auch bei „Kabale und Liebe“, das wir am 14.05. noch mal spielen auch so – da singe ich die Songs heute auch besser als bei der Premiere. Aber das ist naturgemäß so. Ich bin auch mit meiner Leistung bei der Premiere zufrieden, aber man wird freier mit der Zeit.
Kielerleben: Kannst du, nachdem du dich jetzt so intensiv mit Linda befasst hast, noch Cole-Porter-Songs hören, ohne überall nach Linda zu suchen?
Katharina Abt: Cole-Porter-Songs werden mich vor allem immer an diesen Abend erinnern. Aber ich bin ja an diesem Abend auch Linda und denke nicht immer „Ich bin jetzt Linda“ – ich bin's halt. Aber für mich sind Linda und Cole Porter auch das Gleiche, die sind für mich miteinander verwachsen. Er hat all diese Songs geschrieben und sie hat sie ja nicht tatsächlich gesungen, das ist ja eine Behauptung dieses Stücks, und das ist aber auch das Geniale.
Kielerleben: Du sagtest ja schon, dass du auch Schauspiel unterrichtest. Was können deiner Schüler:innen an diesem Abend lernen?
Katharina Abt: Ich finde, was man als Schauspieler von Musicals lernen kann ist: Die Emotion kommt sowieso. Du musst nicht darauf hinsteuern. Das habe ich aber auch schon bei „Hello Dolly“ gelernt – das war ein absoluter game changer für mich als Schauspielerin. Die Emotionen kamen zu mir und ich habe sie nicht krampfhaft, wie der Schauspieler manchmal denkt, suchen müssen. Als Schauspieler unterschätzt man das Musical häufig als „oberflächlichen Kram“ – aber man lässt bei der Musik viel stärker los als beim Schauspiel und das ist ein Erfahrungswert, den man mitnehmen kann. Das Learning für Schauspiel-Schüler ist: auf jeden Fall auch mal Musical machen.
Kielerleben: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Sebastian Schack.