Vielleicht warst du schon mal in der Schneiderei von Frau Dogan, aber wusstest du auch, dass sie schon seit 26 Jahren in der Ringstraße selbstständig ist? Wir haben sie besucht und erzählen hier ihre Geschichte.
Als ich die Änderungsschneiderei von Nilüfer Dogan in der Ringstraße in Kiel betrete, empfängt mich der leckere Duft von Kaffee und Keksen. Der Laden ist gemütlich eingerichtet und ich kann nur staunen über die Vielzahl der Kleidungsstücke, die darauf warten, umgenäht zu werden.
Nilüfer Dogan wuchs in Istanbul auf. 1976 kam sie im Alter von zwanzig Jahren durch die Heirat mit ihrem Ehemann Semih Dogan nach Deutschland, nachdem sie die Ausbildung zur Schneiderin in der Türkei abgeschlossen hatte. Ihr Mann lebte bereits sieben Jahre mit seiner Familie in Deutschland. „Da bin ich dann mitgekommen – jung und neugierig auf die Welt“, berichtet Frau Dogan lächelnd. Kiel ist mittlerweile zur Heimat geworden, obwohl Heimweh ein ständiger Begleiter war. „Da haben mir das Nähen und meine beiden Kinder sehr geholfen. Durch den Kontakt mit netten Nachbarn habe ich mich schnell in Kiel zurechtgefunden. Da kamen die ersten deutschen Sätze wie von selbst“, erzählt sie. „Ich habe von zu Hause aus geschneidert und war häufig im Kontakt mit anderen Menschen. Gute Freunde korrigierten mich und dann wiederholte ich ein Wort, bis es richtig klang.“ Auch Radio, Fernsehserien und Bücher haben beim Lernen der neuen Sprache geholfen. Als ihr Sohn Sancar zur Schule kam, machte Frau Dogan bei den Hausaufgaben mit und lernte so weiter dazu.
Eine Leidenschaft, die Hobby & Beruf verbindet
Keinen Tag bereute sie die Berufswahl, erzählt mir Frau Dogan mit Überzeugung in der Stimme. Vor 26 Jahren eröffnete sie ihre eigene Schneiderei. Viele Jahre lang arbeitete sie bis zu 16 Stunden am Tag. „Was ich an Aufträgen von meinen Kund*innen übernahm, musste schließlich auch rechtzeitig fertig werden“, sagt sie.
Auf die Frage, was Frau Dogan am liebsten mag an dem Beruf, erzählt sie mit strahlenden Augen von der Zeit im Frühling und Sommer, wenn Frauen aus der Umgebung zu ihr kommen, um ihre Ball- und Brautkleider umnähen zu lassen. „Das ist für mich Beruf und Hobby gleichzeitig“, sagt sie mit Nachdruck. Auch das Hochzeitskleid von ihrer Tochter Nesrin schneiderte sie im Jahr 2020 komplett selbst. Manchmal kommen junge Menschen nach ein paar Jahren mit ihren eigenen Kindern wieder in ihre Schneiderei. „Das ist so schön zu sehen“, erzählt sie. Ob sie von dieser Arbeit langsam genug hat? Noch lange nicht! Die 66-Jährige möchte weitermachen, solange dies gesundheitlich möglich ist und sieht ihre Rente in weiter Ferne.