Ihre poetischen E-Mails ermöglichen Lea Funkes Abonnenten ein neues altes Lesebewusstsein und ihr die Veröffentlichung eines eigenen Buches
Kennen Sie diese Art von Menschen, denen ihr zurückhaltendes Wesen faszinierenderweise eine besondere Präsenz verleiht? Die aus der bunten, lauten Menge herausleuchten, eben weil sie sich nicht aufdrängen, sondern erst einmal abwarten, sich ruhig umsehen und den Moment in sich aufnehmen? Erst wenn sie ein Gefühl für die Situation und ihr Gegenüber entwickelt haben, beziehen sie Position – dann aber auch bewusst. So ein Mensch ist die Kieler Schriftstellerin Lea Funke. Ihre Art, die Welt unvoreingenommen zu betrachten und sich in ihr zu reflektieren, verleiht ihr das Talent, Augenblicke authentisch festzuhalten – in Form von expressionistischer, bildreicher Lyrik. „Meine Gedichte bestehen aus echten Emotionen. Ich dränge Wörter nicht zwanghaft in einen festen stilistischen Rahmen, sondern bringe frei zu Papier, was mich beschäftigt“, erklärt die 29-Jährige. Die Themen, mit denen sie sich auseinandersetzt, reichen von der grotesken Masse bis zum schmerzvoll liebenden Individuum. Doch was ihre Werke alle gemeinsam haben, ist, dass sie den Leser dazu anregen sollen, „um die Ecke zu denken“, sich aufrichtig mit sich und ihrer Umgebung zu beschäftigen – durch Leas Bewusstseinsprozesse selbst zum aufmerksamen Beobachter zu werden. Ein Vorsatz, der gar nicht so leicht zu verfolgen ist, in einer Welt, in der „lesen“ oft nur das Überfliegen von Facebook-Posts bedeutet. Aus diesem Grund begann die junge Autorin im Juni des vergangenen Jahres, Briefgedichte zu verschicken. Wer ihre Texte über die Internetseite abonniert, kann jeden Tag aufs Neue in einem zuvor unveröffentlichten Gedicht versinken, das ihm persönlich per E-Mail zugeschickt wird. Hat die Künstlerin so auch schon eine Methode gefunden, Wörterliebhaber wieder zum bewussteren Lesen anzuregen, bleibt ihr Traum doch ein eigenes Buch. Um ihren ersten Sammelband „Expressionistische Träumereien“ finanzieren zu können, startete sie Ende 2017 über das Portal www.startnext.com eine Crowdfunding-Kampagne. Noch vor Auslaufen des Projektes am 15. Januar wurde das Fundingziel erreicht. Für Lea bedeutet dies, dass ihre Verse bald gemeinsam mit dem Duft von Papier und Druckertinte auf ihre Leser wirken werden. Und nicht nur die Poesie inspiriert sie, zwischen Psychologie-Vorlesungen und Unternehmungen mit ihrer Tochter auch noch Wortakrobatik zu betreiben. Sogar auf einen Fantasy-Roman dürfen sich ihre Anhänger freuen. Die Kurzgeschichte, die dessen Basis bildet, ist bereits veröffentlicht. Wer mutig genug ist, sich in einem kreativ erschaffenen Interpretationsspielraum und somit auch in seinen eigenen Gedanken zu bewegen, kann unter www.briefgedichte.de eintauchen.