Für die knapp 6000 Zuschauer in der gut gefüllten Kieler Sparkassen-Arena kam das Konzert der Broilers am Freitagabend einem prall gefülltem Weihnachtsgeschenk gleich, das sie bereits zwei Tage vor dem Fest der Liebe auspacken durften. Denn die spielfreudige Düsseldorfer Punkband zeigte sich wieder einmal von ihrer besten (Live-)Seite
Als die Besucherscharen am Freitagabend um kurz nach 23 Uhr aus der Kieler Sparkassen-Arena strömten, blickte man in viele ebenso glückliche wie verschwitzte Gesichter. Denn das Feuerwerk, was sie in den vorherigen zwei Stunden miterlebt hatten, zählte zu den besten des Jahres. Abgebrannt hatten es die Broilers. Nachdem die englische Oi!-Band Booze & Glory den knapp 6000 Zuschauern in der warmen Halle zusätzlich eingeheizt hatten, brandete tosender Applaus auf, als um 21 Uhr der Vorhang fiel und die Düsseldorfer Punkband zum Vorschein kam. Da die Menge mit den ersten Klängen der Broilers umgehend mit dem Pogo begann, glich der Innenraum schon bald einer Sauna, in der passenderweise die Securities mit großen weißen Handtüchern versuchten, für einen Hauch von Frischluft zu sorgen. Die spielfreudigen Rheinländer fanden also einen würdigen Rahmen für ihre rund zweistündige Show vor, die einem mächtigen Abriss gleichkam.
Die Band um Frontmann Sammy Amara lieferte zwei Tage vor Heiligabend keinesfalls Dienst nach Vorschrift ab, sondern zeigte sich auf das nördlichste Konzert ihrer Tour zum im Februar dieses Jahres erschienenen Album „(sic!)“ durchaus gut vorbereitet. Gleich mehrfach am Abend unterstrichen sie ihre Affinität zu Kiel, indem Sammy zunächst fallen ließ, dass Schlagzeuger Andreas Brügge in Eckernförde seine Marinezeit verbracht hatte, um dann auch noch zu verraten, dass an diesem Abend das Kieler „Herr Fugbaum“-Bier zu den bevorzugten Getränken der Gruppe gehörte. Der im November gestorbene Besitzer der Vogelspinne Herr Fugbaum, Bernd Knauer, wurde später zum Song „Held in unserer Mitte“ sogar noch per Einblendung seines Konterfeis auf der Videowand entsprechend gewürdigt. Doch Knauer war nicht der einzige Verstorbene, dem an diesem Abend gedacht wurde. Zuvor hatte es bereits bewegende Minuten gegeben, als zu „Ihr da oben“ die Gesichter hunderter aus dem Leben geschiedener Broilers-Fans über die Video Wall flimmerten.
Das Konzert bewies einmal mehr die Vielschichtigkeit der 1992 gegründeten Gruppe. Sorgten die fünf Musiker mit der Aufforderung zum Song „Wie weit wir gehen“, den „Lieblingsmenschen auf die Schultern zu nehmen“, für ein allgemeines Wohlgefühl im weiten Rund, so setzten sie vor ihrem Hit „Keine Hymnen heute“ ein wichtiges politisches Signal, indem Sammy betonte, dass man alles dafür tun müsse, „dass die Scheiße, die unsere Großeltern erleben musste, nicht nochmal passiert.“
Nach dem großartigen Cover des The Clash-Klassikers „London Calling“, zu dem Vorband Booze & Glory erneut auf die Bühne gebeten wurde, läutete jedes Bandmitglied zu „Nur nach vorne gehen“ dank gezündeten Leuchtfeuern stimmungsvoll die Nachspielzeit ein. In den zwei Zugaben durfte sich das textsichere und bunt gemischte Publikum über bekannte Mitsing-Kracher wie „Ist Da Jemand?“ oder „Meine Sache“ freuen, ehe „Blume“ den Abschluss des Spektakels bildete. Als sich die Band anschließend zu Journeys 80er-Überhit „Don't Stop Believin'“ den verdienten Applaus abholte, dürften auch die hartgesottensten Punks beseelt gewesen sein – von dem vorweihnachtlichen Geschenk, dass die Broilers ihnen kurz vor Heiligabend dank eines überragenden Live-Auftritts gemacht hatten. Welch ein Fest!