Einem sichtlich erfreuten Hendrik Lörper überreichte Stadtpräsidentin Cathy Kietzer am vergangenen Freitag den mit 5.000 Euro dotierten Kunstpreis der Stadt Kiel. Der Preisträger wurde auf der Bühne eingerahmt von den anderen 14 Finalistinnen und Finalisten. Die Stadtgalerie zeigt ab sofort Werke aller 15 Künstlerinnen und Künstler. Darunter sowohl Skulpturen, Gemälde als auch multimediale Installationen.
Das Großwerk des Preisträgers ist ein raumfüllender, mit Luft gefüllter Zellophankörper.
Der Saal war mit etwa 300 Gästen gut gefüllt, und die Verspäteten reihten sich stehend an den Wänden auf. Dass die Verleihung des Gottfried Brockmann Preis 2009 auf solch reges Interesse stieß, freute die gut gelaunte Stadtpräsidentin Cathy Kietzer. Sie führte aus, dass die Stadt mit ihrem Kunstpreis seit 1985 junge und vielversprechende Kieler Künstler fördere. Der Maler Gottfried Brockmann (1903-1983) wirkte in Kiel als Kulturreferent sowie Dozent der Muthesius-Werkschule. Cathy Kietzer äußerte die Hoffnung, dass Preis und Ausstellung den Kieler Bürgern die junge, neue Kunst näher bringen werden. Im Wettbewerb der Regionen, so die Stadtpräsident weiter, sei der Faktor Kreativität nicht zu unterschätzen. Kreativität, Produktivität und hohe Lebensqualität gehörten zusammen. Manch einer der Zuhörer mochte sich an dieser Stelle an die jüngsten Querelen um die Hamburger Kulturpolitik erinnert fühlen. Der Lebensqualität der Anwesenden kam der Abend jedenfalls sehr zu gute.
Erhabenheit aus dem Wenigen
Bevor herauszubekommen war, wie hoch die Produktivitätssteigerung des Standortes Kiel durch Kreative zu beziffern sei, trat Wolfgang Zeigerer ans Mikrofon. Der Direktor der Stadtgalerie Kiel entschuldigte zunächst den erkrankten Professor Rainer W. Ernst, den Präsidenten der Muthesius Kunsthochschule. In einer inhaltlich dichten Laudatio sprach er von erlebbaren Räumen, meditativer Stimmung statt Geometrie, der physischen Inbesitznahme und dem evozierten Imaginären im Werk Hendrik Lörpers. Eine besondere Qualität Lörpers sei es, dass es ihm gelinge, aus dem Wenigen Erhabenheit entstehen zu lassen.
Da überrascht es nicht, dass der 32-jährige Preisträger bereits 2007 den Deloitte Innovationspreis erhielt und 2008 erfolgreich am Bosch - Rexroth AG Kunstwettbewerb teilnahm. In Soltau geboren erlangte er 2009 sein Diplom in freier Kunst an der Muthesius Kunsthochschule Kiel, wo er bei Elisabeth Wagner Bildhauerei studierte. Bei Bildhauerei denkt so mancher nun eher an harte, schwere Skulpturen aus Stein und Metall. Darauf angesprochen erläutert Hendrik Lörper, dass das Hauen aus der "Hammer und Meißel"-Zeit herrühre, für ihn gehe es um das Herstellen eines Bildes. Den Preis erhielt er übrigens nicht für ein bestimmtes Werk, sondern für sein gesamtes Schaffen. Auf die Frage, was der Preis für ihn bedeute, antwortet Lörper, dass er sich freue wahrgenommen zu werden und seine Arbeit gewürdigt zu sehen. Er habe nicht, wie es das durchaus gäbe, einen strukturierten Preisverleihungsfahrplan, sondern konzentriere sich auf seine Projekte.
Der Freiraum der Kunst lebt
Als sich das Gespräch mit dem Künstler der Kunst selbst zuwendet, treten die unterschiedlichen Sprechweisen der Gesprächspartner zu Tage. Dem forschen Fragen, der Suche nach knackigen Sätzen steht das Worte wohl wägende, nachdenkliche Sprechen des Künstlers gegenüber. Unwillkürlich spürt man, wie viel Ernsthaftigkeit dahinter steckt, wenn der Bildhersteller von den Freiräumen der Kunst spricht, die es ihm ermöglichen, sich den Fragen zuzuwenden, die ihn wirklich interessieren. Die Idee von der Freiheit der Kunst, die sich im bürgerlicher Erwerbstätigkeit entbundenen Künstler personifiziert, wirkt unvermittelt höchst lebendig. Die Neugierde auf unter anderem Hendrik Lörpers viel beachteten, raumgroßen und von einem PC-Lüfter aufgeblasenen Zellophanquader wächst.
Die Ausstellung mit Werken der 15 Finalistinnen und Finalisten erweist sich als höchst abwechslungsreich. Neben großformatigen Gemälden farbiger Flächen findet sich eine interaktiv begehbare Schulklasse oder auch ein gewebter Teppich. Die neugierige Begegnung mit den Werken und etwas Glück den Schöpfern ruft Fragen, Gedanken und Erfahrungen hervor. Das mag dann vielleicht auch die Produktivität steigern. Falls nicht, so ist es doch höchst anregend und – keineswegs verwerflich dies – sehr unterhaltsam.
Die Ausstellung ist noch bis zum 17. Januar 2010 in der Stadtgalerie Kiel zu sehen. Die Öffnungszeiten sind: Di, Mi, Fr, Sa und So 10-17 Uhr sowie Do 10-19 Uhr. Der Katalog zur Ausstellung kostet 12 Euro.
Jörg Ludolph