Am Freitagabend trafen sich der Kultverein FC St. Pauli und die Holsteiner Störche auf Kieler Rasen, um freundschaftlich 90 Minuten den Ball zu kicken. Es sollte ein Zusammentreffen der ganz besonderen Art werden, doch durch technische Defekte, durchwachsene Leistungen und nicht zuletzt den aktuellen Ereignissen erlebten die Zuschauer ein eher dürftiges Spiel, dass die Hamburger am Ende mit 3:1 gewannen.
Dass Holstein–Coach Christian Wück einige personelle Experimente vorhatte, stand schon im Vorfeld fest.
So spielten im Sturm die momentan noch vereinslosen Preston Zimmerman und Daniel Chitsulo von Beginn an. Auch Holger Hasse, der nach seiner Verletzung wieder im Kader ist, durfte in der Startformation nicht fehlen. Nach einer Gedenkminute für den verstorbenen Robert Enke starteten die Mannschaften in die Partie. St.Pauli bemühte sich von der ersten Sekunde an, das Spiel in die Hand zu nehmen, doch bereits nach wenigen Minuten standen zwei Mannschaften auf dem Feld, zwischen denen kein Klassenunterschied zu erkennen war.
Nach langen und unkreativen 15 Minuten ertönte dann ein penetrantes Signal: „Wegen eines technischen Defektes werden alle Personen gebeten, das Gebäude sofort zu verlassen“, hieß es aus den Lautsprechern. Kein einziger Zuschauer machte Anstalten, das Stadion zu verlassen und so sorgte der eigentliche technische Defekt der Warnanlagen im Stadion für auffrischende Unterhaltung. In der 17. Spielminute kam es dann zur bislang einzigen Torchance im Spiel, die St. Pauli gleich knallhart nutzte: Deniz Naki flankte auf Morike Sako, und dieser hämmerte aus gut zehn Metern auf das Tor. 1:0 für die Gäste. Die erste Halbzeit verlief fortan eher durchwachsen, und so machten sich die Mannschaften auf den Weg in die Halbzeitpause.
Mit nur einem Tor Rückstand auf die Zweitliga-Gäste nach 45 Minuten konnte man durchaus zufrieden sein. Zwar war kein Klassenunterschied sichtbar, doch St. Pauli überzeugte stückchenweise durch bessere Technik und fehlerfreiere Pässe. Mit der Möglichkeit bei einem Freundschaftsspiel, so häufig auszuwechseln, wie man möchte, brachten sowohl Christian Wück als auch Pauli-Coach Holger Stanislawski zu Beginn der zweiten Halbzeit neue Spieler ein. Auch Sven Boy, der Kieler Kapitän, der lange verletzt war, kam wieder zum Einsatz. Aus Kieler Sicht durften an diesen Abend alle Holstein-Akteure zum Einsatz kommen – Zimmerman, Chitsulo und Ziehmer spielten über die vollen 90 Minuten.
Die zweite Halbzeit begann nicht anders, als die erste. Das typisch norddeutsche Wetter sorgte am Abend dafür, dass die Spieler des Öfteren auf dem rutschigen Rasen zu Fall kamen und so teilweise aussichtsreiche Spielabläufe scheiterten. In der 69. Minute konnten die Paulianer ihr 2:0 feiern, nachdem Pichinot den Ball aus rund fünf Metern vor Torwart Michael Frech ins Netz schieben konnte. Doch nur sechs Minuten später trafen die Kieler dann zum langersehnten Anschlusstreffer: In der 75. Minute schoss Testspieler Daniel Chitsulo seine vielleicht baldige Mannschaft zum 1:2 per sehenswertem Schlenzer in den Winkel. Die Freude hielt jedoch nicht lange. Bereits in der 81. Spielminute traf noch der Ex-Kieler Timo Schultz zum Endstand von 1:3. Auch die nennenswerten Torchancen von Chitsulo und Guscinas kurz vor Abpfiff konnten an der Niederlage im Testspiel nichts mehr ändern.
Vielleicht lag es an dem Freundschaftsspiel, dem schlechten Wetter oder aber an der geringen Anzahl an Zuschauern im Stadion, dass beide Mannschaften eine eher mittelmäßige Leistung präsentierten. Auch beide Testspieler ragten über die 90 Minuten gesehen nicht aus dem Holstein-Team heraus, wobei Daniel Chitsulo sich im Verlaufe des Spiels steigern konnte und in der zweiten Halbzeit seine Räume auf der linken Außenbahn nutzte und auch sehenswert das 1:2 markierte. Preston Zimmerman ackerte zu Beginn der Partie eifrig, sah aber in den Zweikämpfen wenig Land und strahlte keine Torgefahr aus. Nach dem Spiel sagte Christian Wück, dass das anhaltende Problem der nicht vorhandenen Torgefährlichkeit in Zukunft schnell behoben werden muss. Ob Chitsulo als Außen- oder Zimmerman, der ebensowenig ein durchschlagskräftiger Stoßstürmer ist, entscheidet sich Anfang der kommenden Woche.
Holstein Kiel: Henzler (46. Frech) - Ziehmer, Müller, Hasse (66. Boy), Jürgensen - Vujcic (66. Nouri), Brückner (46. Nagel) - Stier (46. Wulff), Holt (46. Guscinas), Chitsulo - Zimmerman
FC St. Pauli: Borger - Rothenbach (45. Lechner), Kalla (45. Gunesch), Eger, Drobo-Ampen - Lehmann (45. Boll), Kruse (45. Bruns), Schultz, Naki - Hennings (45. Pichinot), Sako (45. Ebbers)
Tore: 0:1 Sako (17.), 0:2 Pichinot (68.), 1:2 Chitsulo (74.), 1:3 Schultz (81.)
Schiedsrichter: Sönder (Lübeck)
Zuschauer: 2400
Stimmen:
Patrick Borger (FC St.Pauli): „Es hat mich gefreut mal wieder über 90 Minuten spielen zu können. Beim Holstein-Treffer war ich machtlos und meine beste Parade in der ersten Hälfte ,klaute‘ mir der Schiri auch noch, weil er auf Abstoß entschied, aber ich war auf jeden Fall noch dran am Ball.“
Carsten Wehlmann (Scout Holstein Kiel): „Ich denke, die Zuschauer haben eine ganz muntere Partie gesehen. Das Tor von Daniel Chitsulo war natürlich klasse, aber sonst möchte ich die Leistung der beiden Testspieler nicht kommentieren, das ist Aufgabe des Trainers. Wir werden uns nächste Woche zusammensetzen und über mögliche Verpflichtungen beraten.“
Daniel Chitsulo (Holstein Kiel): „Es hat einfach gut getan, nach langer Zeit mal wieder 90 Minuten Fußball zu spielen. Ich habe etwas Eingewöhnungszeit gebraucht, aber glaube, nachher ein ganz gutes Spiel gemacht zu haben. Es freut mich natürlich, dass ich gleich so ein schönes Tor gemacht habe. Morgen werde ich abreisen und muss abwarten, wie sich Holstein entscheidet.“
Fotos: lichtundfeder.de