Nach dem Erscheinen seines Buchs „Achtung Baby“ geht Michael Mittermeier jetzt mit gleichnamigem Live-Programm auf Tour. KIELerLEBEN sprach mit ihm über seine Tochter Lilly, das aktuelle Programm und über sein soziales Engagement.
KIELerLEBEN: Deine zweijährige Tochter hat dich zu deinem neuen Buch und aktuellen Programm „Achtung Baby“ inspiriert. Hättest du gedacht, dass so viel lustiges Potential im Elterndasein steckt?
Michael Mittermeier: Natürlich, ich habe mich ja schon früher darüber lustig gemacht. Aber jetzt sieht man mehr Details, die man als Kinderloser noch nicht gesehen hat. Immer wieder tauchen neue Dinge auf. Eins war mir aber vorher schon klar: Das wird ein sehr schräger Kosmos.
Was gibt es da für lustige Situationen?
Gerade entdeckt Lilly die Sprache. Das ist irgendetwas zwischen Worten, die man versteht, und Sätzen, die keinen Sinn ergeben, aber irgendwie dann wieder doch. Sehr komisch.
Hast du Alltags-Erlebnisse direkt im Programm verarbeitet?
Auf jeden Fall. Natürlich habe ich Situationen etwas weitergeführt, hier und da gelogen und hinzugefügt, damit es auch lustig wird. Schön ist auch, dass das Programm immer erweitert wird, je nachdem, was Lilly gerade spricht zum Beispiel.
Ist deine Tochter ein kleines Komikertalent?
Im Grunde sind alle Kinder Naturkomiker. Sie versuchen zu reden, zu krabbeln, zu essen, die Welt zu begreifen. Das ist lustig. Ich muss aber auch sagen, dass sie in den ersten Jahren nicht integrationsfähig sind. Sie sprechen schlechtes Deutsch, kennen sich nicht aus. Integrationsmäßig echt schwierig (lacht).
Hast du ein paar Erziehungstipps?
Das Wichtigste ist, dass man aufs Kind hört und spürt, was es am meisten braucht. Man muss natürlich auch Grenzen setzen, auch schon mit eineinhalb oder zwei Jahren. Aber es macht keinen Sinn, irgendwelche Erziehungsstrategien durchzusetzen, die irgendjemand mal in einem Buch geschrieben hat und die auf die eigene Tochter oder den eigenen Sohn gar nicht passen.
Nimmst du deine Familie mit auf Tour?
Nein, das wäre viel zu anstrengend. Und meine Frau hat auch ihren eigenen Beruf – sie ist Sängerin und macht auch hin und wieder eine Tour, Auftritte oder eine Platte. Wenn ich allerdings mal im Ausland spiele, dann ist es schon schön, beide mitzunehmen.
Kommt es vor, dass deine Tochter ein bisschen „fremdelt“, wenn du länger weg bist?
Ich versuche, nicht länger als vier Tage unterwegs zu sein. Und für Lilly ist es normal, dass Papi für ein paar Tage arbeiten geht. Sie hat ein großes Grundvertrauen. Wenn ich doch mal länger weg bin, kommen meine Kleine und meine Frau mich aber auch besuchen.
Finden eigentlich auch Nicht-Eltern das Programm lustig?
Ich habe sicher genauso viele Kinderlose wie Eltern im Publikum. Wäre ja auch schlimm, wenn nur Eltern darüber lachen könnten. Was für mich aber schon schräg ist, dass da auch 17-, 18-Jährige sitzen, die sich totlachen über den ganzen Scheiß. Wahrscheinlich ist das so, weil jeder den „Kosmos Baby“ irgendwie kennt. Die einen haben selber Kinder, die anderen mussten sich früher um ihre jüngeren Geschwister kümmern oder sind sogar schon Großeltern. Im Grunde genommen finden es alle geil.
Du setzt dich schon seit mehreren Jahren für Kinder in Afrika und Burma ein. Bist du dafür noch mehr sensibilisiert, seit du eine eigene Tochter hast?
Es bestärkt einen natürlich. Irgendwann wird sie mich sicher auch mal fragen: „Was hast du denn so gemacht in deinem Leben?“ Ich möchte dann nicht sagen müssen: „Tja, so durchs Land gefahren.“ Ich glaube schon, dass es wichtig ist, etwas zu tun, damit es auf dieser Welt ein bisschen weitergeht.
Anfang nächsten Jahres steht die „Alive & and Swinging-Tour“ an. Da stehst du zusammen mit Sasha, Xavier Naidoo und Rea Garvey auf der Bühne. Zu viert zollt ihr dem legendären „Rat Pack“ Tribut. Die anderen drei singen, du sorgst für Unterhaltung zwischen den Songs.
Ja, das haben wir vor fünf Jahren schon einmal gemacht. Allerdings war das damals ein einmaliger Benefiz-Auftritt, um Geld für Reamonns Stiftung „Saving an Angel“, die sich weltweit für bedürftige Kinder einsetzt, zu sammeln. Rea hatte die Idee, etwas mit Swing zu machen, wir anderen fanden das ganz toll und haben deshalb mitgemacht.
Warum macht ihr es jetzt noch einmal?
Die Tour, die wir jetzt machen, ist eine reine Spaß-Tour. Es war damals schon verrückt, ein komplettes Bühnenprogramm einzustudieren und dann nicht auf Tour zu gehen. Ich glaube, wir sind die einzigen Deppen, die je so etwas gemacht haben. Bis jetzt hatten wir aber immer alle sehr volle Terminkalender. Wenn wir unerfolgreiche Künstler wären, dann wären wir damit vielleicht schon vor fünf Jahren auf Tour gegangen (lacht).
Der Spaß steht bei dir aber nicht immer im Vordergrund. Im Oktober 2010 lief der Film „The prison where I live“ in den Kinos. Er handelt von dem burmesischen Komiker Zarganar, der wegen seiner politischen, regierungskritischen Witze 2008 zu 59 Jahren Haft verurteilt wurde. Was war deine Aufgabe bei diesem Film?
Erst mal war es meine Aufgabe, die ganze Sache zu finanzieren. Dann haben der Regisseur Rex Bloomstein und ich uns überlegt, dass das nicht nur eine Doku wird, sondern dass ich auch aktiv mitwirke. Meine Aufgabe ist es, Zaganars Lautsprecher zu sein. Diesen faszinierenden Mann kennt ja keiner, dabei ist er eigentlich ein Held. Andere Leute kriegen einen Friedensnobelpreis für die Dinge, die er getan hat.
Du warst in Burma bei den Aufnahmen dabei. Im Film gibt es auch beängstigende Situation, ihr müsst vor Militär fliehen, dürft nicht offen filmen. Wie schwierig war das für dich?
Natürlich hatte ich auch Angst. Aber da funktioniert der „Survival“-Instinkt vom Menschen, man ist auf Adrenalin. Und wir konnten in Burma schlecht sagen: „Jetzt machen wir keine Interviews mehr.“ Als wir da waren, wollten wir das auf jeden Fall durchziehen, egal, was passiert.
Warum nimmt dich gerade dieser Fall so sehr mit?
Es geht hier nicht nur allein um den Mann, es geht um ein ganzes Land. Ich engagiere mich seit vielen Jahren für Burma. Es ist Wahnsinn, dass es ein so vergessenes Land ist. Und dann ist da noch die Tatsache, dass Zarganar Komiker ist. In Deutschland drehen sich Diskussionen darum, wer denn nun besser sei, Komiker oder Kabarettist. Und dann steht dort in Burma einer, der mehr macht als die gesammelten Kabarettisten und Komiker Deutschlands, Österreichs, der Schweiz, wahrscheinlich der ganzen Welt. Der Mann macht wirklich was, um die Welt zu verändern – die Welt in Burma.
Wie schwierig ist es eigentlich, mit schlechter Laune oder negativen Gedanken, eine Show durchzuziehen?
Gar nicht schwierig! Es ist wie im normalen Leben, im einen Moment lacht man, im anderen Moment ist man traurig. Wenn ich auf die Bühne gehe, dann sitzen da 5.000 Leute, die mir positive Energie geben. Selbst wenn ich vorher scheiße drauf war oder schlimme Gedanken hatte, dann nehme ich diese Energie auf. Ich muss mich nicht verstellen, selbst wenn es mir schlecht geht. Man macht ja auch Humor, um sich selber ein bisschen zu lösen.
Das Interview führte Wiebke Schulz