KIELerLEBT in diesem Monat mit Tadeusz Galia, 64 Jahre, Schauspieler und Künstlerischer Leiter des -polnischen theaters kiel-.
Meine Mutter wollte immer, dass ich Arzt werde”, erzählt der Künstlerische Leiter des -polnischen theaters kiel-, Tadeusz Galia. „Das entsprach nicht meinen Vorstellungen.” Wer den sympathischen Sturkopf kennt, weiß, dass man ihn nur schwer von einem Vorhaben abbringen kann. So war es auch 1968, als er mit dem Abitur in der Tasche sein Elternhaus in Breslau verließ und nach Lodz zog, um an der Staatlichen Hochschule Schauspiel zu studieren. Nach dem Diplom folgten Engagements an polnischen Theatern, wie dem Staatlichen Theater in Bielsko-Biela.
1980: Tadeusz Galia am Theater Bielsko-Biala in Polen
Ankunft in Kiel
Doch das Leben in Polen war zu dieser Zeit nicht einfach: In den 70ern gab es aufgrund der schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lage Auseinandersetzungen zwischen der Bevölkerung und der kommunistischen Regierung. „Wir mussten täglich für Grundnahrungsmittel anstehen. Oft gab es nicht genug zu essen und wir mussten hungern”, erzählt er traurig. In den 80ern verschärfte sich die Lage – Panzer und Soldaten gehörten zum Straßenbild. Bei seinem ersten Aufenthalt im Westen, einer Deutschlandtournee 1982, ergriff er seine Chance. „Es war so friedlich hier”, erzählt er. „So wollte ich auch leben.” Als der Tourbus an einer Tankstelle hielt, verabschiedete er sich von seinen Kollegen und stieg aus. Er rief den einzigen Menschen in Deutschland an, den er kannte – einen Kieler. Dieser holte ihn ab und nahm ihn mit nach Kiel.
-polnisches theater kiel-
„Anfangs war es eine schwere Zeit in Deutschland”, sagt der 64-Jährige. Er sprach kein Deutsch und musste als Maurer arbeiten. Gemeinsam mit weiteren polnischen Flüchtlingen, allesamt Schauspieler, besann er sich schließlich auf das, was sie konnten. 1983 gründeten sie das -polnische theater kiel-. „Das erste Stück war ein Flop”, sagt er lachend. Nach dem Debakel übernahm er die Künstlerische Leitung. Bis heute hat der 64-Jährige gemeinsam mit polnischen und deutschen Kollegen 66 zeitgenössische Stücke in deutscher Sprache inszeniert – zwei pro Jahr. Dabei ist er nicht nur als Regisseur oder Schauspieler gefragt: „Wir sind ein kleines Theater. Hier muss jeder mit anpacken – vom Bühnenbau bis zur Buchhaltung, zehn Monate im Jahr”, erzählt er. Die restlichen zwei Monate sind Sommerpause. Diese verbringt er immer auf demselben Campingplatz in Italien. Im August feiert das Theater nach der Pause Premiere mit dem Stück „Die Zofen”. Im Oktober wird Tadeusz Galia in „Halpern & Johnson” wieder selbst auf der Bühne stehen. „Ein Leben ohne Bühne kann ich mir nicht vorstellen”, sagt er.
Tadeusz Galia im Alter von drei Jahren
Lifestyle mit Tadeusz Galia
Restaurant: ElMövenschiss in Schilksee. Weil das Essen einfach unglaublich gut ist.
Uhr: Ich habe eine Atomuhr, und in den nächsten 1.000 Jahren habe ich jede Sekunde verplant.
Entspannung: Das Wort kenne ich nicht.
Objekt: Ohne Computer kann ich nicht leben.
Schlaf: Abgesehen davon, dass um 7 Uhr der Wecker klingelt, schlafe ich gut – solange mich die Sorgen um die Zukunft des Theaters nicht einholen.
Auto: Ich habe ein Theaterauto, einen Transporter – aber es ist für mich kein Statusobjekt. Wenn ich mir eins aussuchen dürfte, würde ich aus sentimentalen Gründen einen Fiat 500 L wählen.
Spleen: Ich drehe Klopapierrollen so um, dass sie immer an der Wand abrollen.
Moment: Zwei Mal im Jahr am Tag der Premiere.
Handy: Frage: Ist das das Gerät, das mich nie in Ruhe lässt?
Ziel: In meinem Alter sind Ziele kurzfristig zu setzen. Ich wünsche mir einfach eine Zukunft – für mich und das Theater.
Urlaub: Seit über 27 Jahren fahre ich in der Sommerpause auf den gleichen Campingplatz in Italien, wo es nichts gibt außer Sonne, Sand und Meer.