Nach mehrjähriger Bühnenabstinenz ist der Comedian Kurt Krömer mit seinem neuen Programm "Der nackte Wahnsinn" wieder auf Tour und begeisterte am Mittwochabend mehr als 1000 Fans im Kieler Schloss mit bitterbösem Humor und extremer Publikumsnähe.Ein schwarzer Vorhang – geschlossen -, ein Spotlight und Gemurmel. „Seid ihr bescheuert, oda wat? Bitte wat, ick bin auf Clubtour? Swingerclubtour, oda wat?“Irgendwann erbarmt Krömer sich dann doch des Kieler Publikums und stellt nüchtern klar: „Mein Name ist Kurt Krömer und ich bin aus Berlin.“
Da isser, der Kurt! „Ruff uff de Bühne“ und erstmal ordentlich vom Leder ziehen
Auf Anraten seiner Großmutter wird er in den folgenden zwei Stunden „die Scheiße fett rocken“. Das ist Kurt Krömer, das erwartet man von ihm: Zwei Stunden dauerndes Rumgepöbel vom Feinsten!
Niveauvoll niveaulos ab unter die Gürtellinie, denn er beherrscht die Kunst, dabei noch ziemlich geistreich zu sein - nicht umsonst ist er Grimme-Preisträger!
Publikumsnähe mal recht „speziell“
Wer einen Abend mit Kurt Krömer besucht, der sollte sich genau überlegen, ob es ernsthaft der Platz in der ersten Reihe sein muss. Sollte dem so sein, dann sollte man ein ausgeprägtes Kuschelbedürfnis und keine Scheu vor Sekreten mitbringen. Denn Kurt ist einer zum Anfassen und treibt die Publikumsnähe auf die Spitze, wie es kaum mehr geht.
So wird „Alleinklatscher“ Karl-Heinz plötzlich Teil der Show und verbringt einen guten Teil des Abends als schmückendes Beiwerk auf der Bühne und die erste Reihe- Sitzerin bekommt eine Kostprobe dessen, was passieren kann, wenn Krömer auf Tour ist und die Nähe zu seinen Mitmenschen scheinbar zu kurz kommt.
„Gang ins Publikum - ham 'wer“ - Häkchen ins Manuskript.
In seiner zweimal 45 Minuten dauernden Show gibt der Entertainer wirklich alles, um seinem Ruf als Berliner Rotzlöffel von nebenan gerecht zu werden und gibt Geschichten zum besten, die das Leben eben einfach schreibt.
So zeigt er gar „the face behind Kurt Krömer“ und plaudert über Alltagsbegegnungen mit den Senioren von gegenüber, die er immer gern aus dem Hinterhalt mit Steinen beschmeißt und hinterher in dem Arm nimmt, um sie zu trösten. Er erzählt von seiner Frau, über die er sich „seit 20 Uhr noch nicht einmal hässlich geäußert hat“ - darf er auch nicht, schließlich wird er zu Hause geschlagen - und sogar von seiner Namensänderung vom bürgerlichen Namen zu Kurt Krömer. Dank der Sachbearbeiterin Frau Hass - „H-A-S-S“ eine Kleinigkeit, die ihn gerade mal einen Zehner gekostet hat.
Und er ist natürlich auch böse. Bitterböse. Der Anspruch ist zwar, möglichst „political correct“ zu sein, aber wie soll das bitte funktionieren, wenn hinter der Bühne (der imaginäre) Herr Weißgerber sitzt, der zu Krömers Leidwesen „über eine bodenlose Hässlichkeit verfügt“? Oder wenn „Papa“ eben einfach „hot“ ist nach der Pause und laut Manuskript noch so manches abzuhandelnde Thema darauf wartet, mit einem „ham 'wer“- Häkchen versehen zu werden?
Kurt Krömer ist Anarchie, der darf das eben!
Und im Grunde will er doch auch nur spielen. Das wird immer wieder deutlich, wenn hinter Kurt Krömer ein kleines bisschen Alexander Bojcan zum Vorschein kommt, der sein Amüsement teilweise selbst kaum verbergen kann und – mindestens mit den Augen – mitlachen muss.
Persönliche Einblicke
Zum Ende der Show wird Krömer noch einmal melancholisch und erklärt, dass er sich quasi als Timm Thaler der Comdeyszene versteht und unter einer Lachbehinderung leidet. „Ich habe noch niemals gelacht“. Applaus brandet auf. „Hallo? Ihr lacht gerade über einen Behinderten!“ Natürlich bepöbelt Krömer sein Publikum, das es in seinen Augen vollkommen verdient hat. Aber er „liebt eben auch alle Menschen“ und gibt zu guter Letzt auf Wunsch der Fans auch noch den legendären „Scheiß Schneckenwitz“ zum Besten. Ein Kalauer, keine Frage, aber eben von Kurt Krömer erzählt und der ist einfach „der nackte Wahnsinn“ - im wahrsten Sinne des Wortes! Wer es in den vorangegangenen zwei Stunden nicht bemerkt hatte, der war spätestens zum Schluss des Programms überzeugt, als Krömer auch die letzte Hülle in Form eines Tigerbademantels fallen ließ und dem Publikum seine entblößte Rückansicht präsentierte.
Der Applaus nahm kein Ende und abgesehen von Vereinzelten, die sich in der Pause echauffiert davongemacht hatten, konnten mehr als 1000 Fans ihr Häkchen machen.
Klasse Abend mit Kurt Krömer – ham 'wer!