Wer an Orchester-Konzerte denkt, hat sofort Beethoven, Brahms und Co. im Kopf. Dass die musikalische Vorlage aus Angry Birds oder Assassin’s Creed stammt, ist eher selten.
Regelmäßigen Leser:innen von kielerleben.de ist das Philharmonische Orchester Kiel ohnehin schon als experimentierfreudig bekannt. Na klar, es brilliert auch immer wieder bei den „echten Klassikern“, bringt aber eben auch immer wieder ausgefallenere Werke zur Aufführung, die für die wenigsten Musiker:innen zum Standardrepertoire gehören dürften.
Das gilt noch mehr an Tagen, an denen ein Con-Spirito-Konzert auf dem Programm steht. Die durch zahlreiche Sponsoren ermöglichten musikalischen Reise zu (für viele) neuen Welten widmete sich am gestrigen Abend dem Thema „Gaming Sounds“. Musik also, die Videospielen entstammt.
Wer mit Videospielen immer noch vor allem Tetris, Super Mario und FIFA verbindet, möge sich mit voreiligem Spott zurückhalten. Nicht nur sind die ganz großen Spielehits inzwischen Produktionen, die es budgettechnisch leicht und locker mit Hollywood-Blockbustern und Netflix-Serien aufnehmen können. Praktisch seit immer legen Game Studios ein großes Augenmerk auf die Musik. Denn Musik schafft Atmosphäre. Musik weckt Emotionen. Musik hilft, die Handlung voranzubringen.
Was selbst vielen Videospieler:innen nicht klar sein dürfte: Egal, wie artifiziell die Videospielwelten auch sein mögen, die Musik, die beim Ritt durch Hyrule oder beim Marsch durch Midgard ertönt, ist in der Regel handgemacht. Und oft kommen dabei auch ganze Orchester zum Einsatz. Der Sprung von Händel zu Hayes, der als Komponist etwa an „World of Warcraft“ mitwirkte, ist also weniger weit, als man vielleicht vermuten möchte.
Unter dem Dirigat von Eckehard Stier, der zwar ein großer Fan von Videospielmusik, selbst aber nicht der allergrößte Gamer ist, und moderiert vom Videospielejournalist und Redakteur sowie Moderator bei den Rocketbeans, erklangen so zahlreiche Lieblingsstücke. Von der monumentalen Suite aus „The Elder Scrolls III: Morrowind“ bis eben tatsächlich zu einem Medley zur Angry-Birds-Reihe, sozusagen am anderen Ende der Skala.
Zu den Höhepunkten des Abends zählte Auftritt des Pianisten Benjamin Nuss, der das Orchester für gleich mehrere Stücke aus der Spielreihe „Final Fantasy“ ergänzte.
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Wer sich einmal auf ganz andere Weise mit Musik in Videospielen auseinandersetzen möchte, fand an diesem Abend vielleicht einen Anstoß dafür, als das Orchester Austin Wintorys „Apotheosis“ aus „Journey“ spielte. Journey ist für Playstation, Windows-PC und iOS erhältlich und die Musik dient in diesem Spiel nicht nur all den eingangs bereits erwähnten Effekten. Als Spieler:in findet man sich in einer Wüste wieder und begibt sich, ohne so recht zu wissen, warum und wohin, auf eine Reise, bei der man vor allem auch durch die Musik geleitet wird.
Klar wurde an diesem Abend so auch: Man muss nichts mit Tschaikowski, Mozart und Telemann anfangen können, um sich für Orchester-Musik zu erwärmen. Neben den inzwischen bekannteren Aufführungen von Filmmusiken können eben auch Videospiele einen Anknüpfungspunkt bieten. Auch, wenn die Ostseehalle nicht ausverkauft war, wurde bei einem Blick ins Publikum schnell klar: derlei Ausflüge in andere musikalische Gefilde funktionieren definitiv als Magnet, um Menschen, die kein Konzert-Abo für das Philharmonische Orchester besitzen, in den Saal zu ziehen. Gerne weiterhin mehr davon!