Nachdem eine sechsköpfige afghanische Familie Asyl in einer Schweriner Kirchengemeinde gewährt worden war, habe die Kieler Ausländerbehörde diese am vergangenen Mittwoch nach einwöchigem Aufenthalt abschieben wollen. Auf dramatische Weise ist dieser Versuch gescheitert.
Eine Mutter, die Morddrohungen gegen ihre Kinder ausspricht und ein Sohn, der sich mit einer Glasscheibe selbst das Gesicht verletzt. Dazu ein 40-köpfiges Einsatzkommando der Polizei, welche die Wohnung der Familie gewaltsam stürmte. Das ist die Szenerie, welche sich am vergangenen Mittwoch in einem Schweriner Kirchasyl abspielte. Es handelt sich um die Familie einer afghanischen Frauenrechtlerin und Journalistin, die höchst gefährdet durch Verfolgung seitens des Taliban-Regimes, eine Aufnahmezusage des Auswärtigen Amtes erhalten hatte. Nun sollte die Abschiebung nach Spanien erfolgen, welche jedoch scheiterte. Da die Familie im April nach ihrer Flucht über den Iran zuerst in Spanien angekommen war, besteht das Bundesamt auf ihrer Abschiebung dorthin, da es als das europäische Land gilt, in dem sie zuerst eingereist sind. Wegen des mangelnden gesundheitlichen Zustands der Kinder sowie der psychischen Verfassung der Mutter wurde die Abschiebung ausgesetzt.
„Alarmierendes" Verhalten der Kieler Amtsleitung
Aufgrund der Geschehnisse meldet sich der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein zu Wort: Er verurteile aufs Schärfste gegen den Versuch der Kieler Ausländerbehörde mit polizeilicher Amtshilfe aus Mecklenburg-Vorpommern, gewaltsam in eine Kirche in Schwerin einzubrechen und die dort im Kirchenasyl Schutz suchende afghanische Familie festzunehmen.
Überhaupt kam die Kieler Ausländerbehörde zum Tragen, da die Familie zuletzt in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt lebte. „Der Flüchtlingsrat appelliert an Integrationsministerin Aminata Touré, einen gesicherten Aufenthalt der afghanischen Familie zu gewährleisten, und an Oberbürgermeister Ulf Kämpfer, seine im landesweiten Vergleich inzwischen für ihr restriktives Verwaltungshandeln berüchtigte Ausländerbehörde an die Kette zu legen“, heißt es von Seiten des Flüchtlingsrats. Alarmierend sei die Tatsache, dass die Kieler Behörden mit brachialer Gewalt die traumatisierte Familie aus dem Kirchenasyl heraus zu zwingen versuchten.
Gegen die Mutter wird aktuell wegen Bedrohung und Nötigung ermittelt. Die Polizei nahm den 22-jährigen Sohn am Donnerstag nach der Entlassung aus der Klinik vorübergehend in Gewahrsam.