Jede Woche rettet das Team von Foodsharing Kiel e.V. tonnenweise Lebensmittel allein in der Landeshauptstadt. Ein kleiner Teil davon wird regelmäßig von den Foodsavern bei „Schnippel-Partys“ zu einem Buffet zubereitet und mit Gästen verspeist.
Bitterkalt war es bereits am Vorabend des bevorstehenden „Schnee-Chaos“, welches die Landeshauptstadt ab dem 28. November heimsuchen sollte. Für warme Hände sorgte dennoch das Team des Vereins Foodsharing Kiel e.V. im Gemeindehaus der Matthias-Claudius-Kirche in Kiel-Suchsdorf. Insgesamt sieben ‚Food-Saver‘ luden Kielerinnen und Kieler dazu ein, gerettete Lebensmittel zu einem köstlichen Buffet zu verwandeln. Es war die bereits 6. Schnippelparty in 2023 zu der interessierte Teilnehmende kamen und sich auf das einzigartige Menü freuten.
Hintergrund: Schnippel-Party als Rettungsaktion für Lebensmittel
Der Verein Foodsharing Kiel kämpft aktiv bereits seit zehn Jahren gegen Lebensmittelverschwendung an. Von den ehrenamtlichen „Foodsavern“ werden übrig gebliebene Lebensmittel bei Kieler Einzelhändlern gerettet und gemeinsam mit freiwilligen Teilnehmenden weiterverarbeitet. Marja Paasch erklärt: „Foodsharing versteht sich als Umweltorganisation, wir informieren auch bei Schnippel-Partys darüber, wieviel Energie in den geretteten Lebensmitteln steckt und wie wir alle dazu beitragen können, die Verschwendung zu vermeiden. Es geht aber auch ganz konkret darum, wie Lebensmittelreste kreativ und nachhaltig weiterverarbeitet werden können. 59 % der Lebensmittel landen in den Privathaushalten im Müll, das sind in Deutschland 6,5 Mio. Tonnen. Jeder Verbraucher wirft etwa 78 Kilogramm Lebensmittel pro Jahr weg“.
Kooperation mit Kieler Kaufleuten
Die Ware erhalten sie von den rund 80 Kieler Einzelhandelsunternehmen, die mit Foodsharing kooperieren. Dabei geht es manchmal weniger um Kilogramm, sondern sogar um Tonnen; weniger um Stapel, sondern mehr um Euro-Paletten-weise übrig gebliebene Lebensmittel, die zu einem Großteil noch völlig in Ordnung und genießbar sind. So rettete Foodsharing Kiel im Jahr 2020 allein 52 Euro-Paletten Tiefkühlwaren. Im folgenden Jahr ist es ihrer Arbeit zu verdanken, dass 45 Euro-Paletten arabische und asiatische Lebensmittel, 10 Euro-Paletten Hafermilch, 11 Euro-Paletten Eis am Stiel oder 28 Euro-Paletten Bier nicht im Müll landeten.
Kooperation mit der "Anlaufstelle Nachbarschaft"
Nur ein Bruchteil der geretteten Lebensmittel landet schließlich auf den Tischen der Räume, in denen die Schnippel-Partys stattfinden. Foodsharing Kiel organisiert diese Abende in Kooperation mit den verschiedenen Standorten der „anna: Anlaufstelle Nachbarschaft“, die als Treffpunkt für alle Nachbarn dienen oder zum Beispiel mit der Kirchengemeinde in Suchsdorf. (Träger der „Anlaufstelle Nachbarschaft“ sind u.a. die Diakonie Altholstein, die Arbeiterwohlfahrt Kiel und das Deutsche Rote Kreuz.)
An diesem 27. November haben sich Foodsaver und etliche Teilnehmende zusammengefunden, um das schmackhafte Büffet gemeinsam zuzubereiten und anschließend zu genießen. Kaum auszumalen, wie viele Menschen zusammenkämen, würden alle Lebensmittel weiterverarbeitet, die an diesem Tag in Kiel von den Gastronomie-Betrieben und Einzelhändlern aussortiert wurden. Es wäre wohl nicht nur eine Schnippelparty, sondern ein mehrtägiges Schnippel-Festival!
„Nächstenliebe als DNA“ der Kirchengemeinde Suchsdorf
So ist der Rahmen an diesem Suchdorfer Novemberabend beschaulich: Maike presst frische Orangen aus, während eine andere Teilnehmerin akribisch einen Eimer geretteter Radieschen verarbeitet. Am anderen Ende des Tisches purzeln ein Dutzend Gurken aus einem Beutel auf die Arbeitsfläche und von der Küche aus verbreitet sich ein wohlwollender süßlicher Duft, welcher bald erst die Nasen der anderen Teilnehmenden erreicht und bereits den Speichelflluss anregt. „Wann können wir denn eigentlich essen?“, fragt einer der bereits hungrigen Schnippelnden während der Vorbereitung auf den Höhepunkt des Abends. Bis es schließlich soweit ist, helfen alle tatkräftig mit – Diakon Christoph Schröder-Walkenhorst, der die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte, inklusive. „Wenn nicht unsere Räumlichkeiten, welche sollen es dann sein, wo man ressourcenschonend miteinander eine Gemeinschaft und Spaß hat“, sagt Schröder-Walkenhorst. Es ginge um das Teilen und den christlichen Gedanken der Nächstenliebe, an einer solchen Aktion teilzunehmen.
Der Abend: Ein Fest des Kochens und des Austauschs
Der Diakon selbst ließ es sich nicht nehmen, säckeweise gespendete Walnüsse in das Gemeindehaus zu schleppen, die anschließend weiterverarbeitet und in das Büffet integriert werden sollten. In der Küche steht derweil Bagga Rolfsmeyer, die geschmorte Radieschen zubereitet. „In der Pfanne brate ich die Radieschen in Butter an und so verlieren sie ihre kohlige Schärfe; sie schmecken später eher süßlich“, sagt die engagierte Köchin. Das Ergebnis ist das so genannte "Barbie-Gemüse“, das seinen Namen wohl augrund der rosanen Farbe der angeschorten Radieschen erhält. Außerdem stehen eine Pilzpfanne und weitere Hauptspeisen auf dem Zettel:
Babaganoush, Baba Ganoush (arabisch: „verwöhnter Vater“), Auberginencreme, Bunter Salat, Gerösteter Kohl aus dem Ofen sowie Yoghurt aus Orangen und karamellisierten Nüssen und „Schokohans träumt von Birnen“(Großer Hans) – das sind die Bestandteile des Büffets, welche Marja Paasch an die große Tafel zur Übersicht für alle teilnehmenden schreibt. Sie ist seit zehn Jahren für Footdsharing Kiel im Einsatz und sah, wie das ehrenamtliche Engagement aller Kielerinnen und Kieler stetig wuchs. Als Team schaffen wir inzwischen wirklich viel, aber es ist nicht nur wichtig, möglichst viele Lebensmittel vor der Tonne zu retten, sondern auch, dass es Menschen gibt, die den Bildungsauftrag erfüllen und die Arbeit im Hintergrund machen“, sagt Marja Paasch.
Engagement im Ehrenamt auf vielen Ebenen erforderlich
Dazu gehört beispielsweise Niklas Lutz. Der Kieler schnippelt nicht nur, sondern engagiert sich in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Stets hat er seine Kamera und Smartphone griffbereit, um den Abend auf Fotos und in kurzen Videos festzuhalten. Veröffentlicht werden diese später auf den Social-Media-Kanälen des gemeinnützigen Vereins foodsharing Kiel e.V.. In der Landeshauptstadt sind es weitere 500 Menschen, die sich nicht nur gegen die Lebensmittelverschwendung als gesellschaftlichen Missstand engagieren, sondern die geretteten Lebensmittel auch an soziale Einrichtungen wie den Kältebus der Malteser oder das Bodelschwinghaus weitergeben. Die Foodsaver "fairteilen" aber auch an ökologische Projekte oder das Frauenhaus.
Zusammen kochen und essen funktioniert kulturkreisübergreifend dabei wohl am besten. Nach einer Stunde voller Vorbereitung und Kochkunst versammeln sich Teilnehmer und Foodsaver am Tisch, um die gemeinsam zubereiteten Speisen zu genießen. Was übrig bleibt, darf jede/r Teilnehmende mit nach Hause nehmen. Die Schnippelpartys werden auch 2024 fortgesetzt, um weiterhin bewusst mit Nahrungsmitteln umzugehen und gemeinschaftlich für eine nachhaltigere Zukunft einzustehen. Bleib auf dem Laufenden und erfahre auf der Website von Foodsharing Kiel (foodsharing- kiel.org), wann die nächsten Veranstaltungen stattfinden und wie du Lebensmittelretter*in werden kannst.
Die nächsten Schnippel-Partys finden am 22. Januar und 4. März 2024 statt.