Die Kite-Lehrerin Pia Boni und die Gebärdendolmetscherin Marie Kohlen bieten Wassersportkurse für Gehörlose an. Der Name ihres Start-ups: Deaf Ventures.
Sobald genügend Wind an den Küsten bläst, sieht man sie wieder über das Wasser rasen: Kitesurfer. Festgeschnallt an ihren Kites tanzen sie virtuos über das Wasser. Sowohl an den rauen Küsten Schleswig-Holsteins als auch an warmen Südseestränden – Kitesurfen begeistert weltweit. Dass Inklusion nicht nur an Schulen und im Büro wichtig ist, sondern auch auf dem Wasser gelingen kann, zeigt nun das junge Start-up Deaf Ventures. „Es war super, das Kitesurfen mit etwas Sozialem verbinden zu können“, erzählt Pia Boni. Seit 2018 bietet die Kite-Lehrerin zusammen mit der Gebärdendolmetscherin Marie Kohlen deutschlandweit die ersten Wassersportkurse für Gehörlose an.
2015 lernten sich die beiden Frauen bei einem Kitesurfkurs auf Sri Lanka kennen. Schnell entwickelte sich zwischen beiden nicht nur eine innige Freundschaft, sondern auch die Idee für Deaf Ventures. Bis aus der Idee ein gefragtes Start-up wurde, mussten so einige Zweifel aus dem Weg geräumt werden. Wie unterrichtet man, wenn die KursteilnehmerInnen die Instruktionen auf dem Wasser nicht hören können? Wie Interessierte gewinnen, bei einer so speziellen Zielgruppe? Nach ersten Kontakten über Instagram wurde schnell klar: Wassersportkurse für Gehörlose sind nicht nur gefragt, sondern auch bisher in Deutschland vergeblich gesucht. Die erste Finanzierung sicherte ein Ideenwettbewerb an der Kieler Universität. „Beim yooweedoo Ideenwettbewerb zu gewinnen, ermöglichte ein Testwochenende und sogar die Finanzierung unseres ersten Imagefilms“, berichtet Pia. Wie wichtig dieses Testwochenende war, zeigte sich schnell. Neue Gebärden für Kite-Begriffe mussten erst noch entwickelt werden. Darauf zu achten, dass die vom Wind zerzausten Haare beim Unterrichten nicht die Lippen verdecken und das Lippenlesen für die TeilnehmerInnen erschwert, war für Pia neu: „Auch korrigiere ich nun mehr über die Arme, indem ich mitsteuere, bis sich das Gefühl für den Kite entwickelt.“
Die beiden Frauen zeigen, dass es sich immer lohnt, neue Wege zu bestreiten. Sie haben mit ihrer Idee eine Nische getroffen, die zu lange unbeachtet blieb. Das beweisen ihre ausgebuchten Kite-Kurse und die nicht abreißende Nachfrage. Doch um weiter zu wachsen, sind neue Partner gefragt. Mario Rodwald, mehrfacher Kite-Europameister, unterstützt das Start-up mit seinen nachhaltigen Kiteboards. Die breite Unterstützung für das Projekt zeigt, was die Kite-Community ausmacht: Ein starker Zusammenhalt für eine gemeinsame Leidenschaft. Egal, welche Sprache man spricht oder gebärdet.
Sarah Heider
Auf dem Blog „Funkenzeit“ werden regelmäßig Kieler Start-ups vorgestellt. Dieser Artikel ist in voller Länge auf funkenzeit.de verfügbar.