Vor mehr als 10.000 Zuschauern stellte Rapper Kontra K am 16. Juni auf der Hörnbühne seinen enormen Kampfgeist unter Beweis. Wir trafen Maximilian Diehn, wie der Berliner mit bürgerlichem Namen heißt, vor seinem Kieler-Woche-Konzert und sprachen mit ihm über Disziplin, innere Dämonen und sein außergewöhnliches Haustier
KIELerleben: Ein immer wiederkehrendes Thema in deiner Musik ist die Disziplin. Möchtest du diese deinen Zuhörern bewusst vermitteln?
Kontra K: Nein, das hat sich einfach so entwickelt. Ich schreibe die Texte erst einmal nur für mich. Ich will keine Vorträge halten, sondern Musik machen, die ich vertreten kann. Ich rappe über das, was mir auf der Seele brennt. Herauskommen kann dabei alles, eben auch mal Appelle an die Zuhörer. Genauso kann es aber sein, dass ich mich nur mal über etwas aufrege. Ich mache mir mit meinen Songs einfach Luft.
Denkst du denn, dass du eine besondere Einstellung zu Disziplin hast?
Nein. Disziplin ist einfach mein Credo. Das ist keine besondere Einstellung, sondern eine, die viele haben sollten, aber wenige haben. Die, dass man für das, was man investiert, auch etwas zurückkriegt – Disziplin gehört da dazu. Wenn man bei jedem Widerstand einknickt, wird man nichts reißen. Das sage ich mir selbst, und so kommt es natürlich auch in meinen Texten vor.
In deinen Liedern wiederholen sich Zeilen wie „So ein Geschenk gibt Gott dir nur einmal“. Ist das ein Glaubensbekenntnis oder schaffst du hier nur ein Bild?
Ich glaube an Gott, aber ich bin nicht christlich. Ich glaube an irgendetwas. Mit diesem Satz möchte ich keiner religiösen Einstellung Ausdruck verleihen, sondern sagen: Wenn du eine besondere Chance hast, erfreife sie und nimm alles mit. Melke die Kuh, solange sie Milch gibt – und dann schlachte Sie (lacht).
Denkst du denn wirklich, dass deine Karriere ein Geschenk ist – oder ist sie eine hart erarbeitete Chance?
Sie ist 90 Prozent eigene Arbeit und zehn Prozent Geschenk.
Und welches Ziel steht für dich am Ende all dieser Arbeit?
Was ich mir früher vorgenommen habe, habe ich erreicht. Doch nun möchte ich all dem weiterhin gerecht werden, so gut es geht. Ich habe nahe Ziele, doch das sind nur Etappen – sonst würden sie bedeuten, dass an diesen Punkten erst mal Schluss ist. Und zufrieden bin ich nie. Das ist eine Krankheit, aber auch ein bisschen Perfektionismus.
Dennoch rappst du in „Mehr als ein Job“, dass du schlussendlich erreichen möchtest, dass es den Kindern deiner Kinder gut geht. Ist das ein Wunsch, der über allem steht?
Über allem steht das nicht. Das würde ja bedeuten, dass ich nur an Geld denke. Über allem steht, dass meine Familie und ich gesund sind, dass meine Jungs zu essen haben – und dass wir alle in den Spiegel gucken können. Danach kommt die Knete. Und dann kommen alle anderen Menschen.
Die für dich so große Bedeutung der Personen um dich herum geht auch aus deinen Liedern hervor. Geht es dabei primär um deine Familie oder auch um die Gruppe aus Freunden oder Kollegen, die du um dich hast?
Meine Freunde sind meine Familie. Es ist alles eins. Ich habe viele wichtige Menschen in meinem Leben – und das ist auch gut so. Ich mache mir um jeden einen Kopf. Das sollte man auch.
Wie schaffst du es neben deinem stressigen Berufsalltag für deine Nächsten da zu sein?
Wie machst du das denn? In dem du nach der Arbeit nach Hause gehst. Auch ich bin nicht 24 Stunden unterwegs. Ich komme abends heim und bin für meine Leute da. Die Zeit ist schon verfügbar, man muss sie nur gut einteilen.
Und auch für deinen Tiger findest du noch Zeit. Wie bist du an dieses außergewöhnliche Haustier gekommen?
Das hat sich einfach so ergeben. Es ist nicht so, dass ich einen auf Mike Tyson machen wollte. Per Mail wurde meinen Kollegen und mir von einem verwaisten Tiger berichtet. Ich musste einfach wissen, ob dahinter ein Verrückter oder die Wahrheit steckt. Wenig später kam mir im Garten einer Tierarzthelferin ein Raubkatzenbaby entgegen. Es wurde aus einem Zirkus gerettet, weil es dort von der Mutter abgestoßen wurde und fast gestorben wäre. Nun wollte der Dompteur es plötzlich zurückhaben. Da habe ich mich eingeschaltet, das Tier abgekauft und zusammen mit dem Veterinäramt eine Bleibe gesucht. Dabei hat sich der Tiger so an mich gewöhnt, dass nur ich ihm nahekommen darf.
Neben deinem Tiger kommen auch andere Tiere wie Wölfe und Hunde in deinen Texten und Videos vor. Sind diese einfach eine Leidenschaft oder auch Symbole für den von dir so oft besungenen Kampfgeist?
Ich identifiziere mich mit diesen Tieren. Zum Beispiel mit dem Wolf, weil er ein Rudeltier ist.
In deinem Lied „Jetzt erst recht“ sprichst du davon, anzugreifen, was dich krank macht. In vielen anderen Texten kommen Dämonen vor. Was genau ist es, das du da benennst, wovon du dich freimachen möchtest?
Von mir selbst (lacht). Man ist ja selbst oft der schlimmste Einfluss. Alles geht immer nur so weit, wie man es selbst zulässt. Außerdem bewege ich mich häufig in einem Umfeld, in dem es andere Regeln als im normalen Alltag gibt, auch darauf beziehe ich mich mit diesen Metaphern. Das können viele nicht nachvollziehen, weil sie selbst keinen Straßenkontakt haben – und das ist auch gut so.
Und was sind deine Methoden, dich von diesen negativen Einflüssen freizumachen?
Einfach durchziehen. Man muss nicht immer nur an sich selbst denken, aber man sollte auf jeden Fall Prioritäten setzen. Wenn man diese sowie seine Grenzen kennt und nicht immer nur nach links und rechts schaut, dann kommt man auch voran.
Haben sich deine Prioritäten durch deine Karriere verändert?
Nein. Das sind immer dieselben: Ich mache Musik, weil ich Musik machen will. Ich bin erfolgreich, weil ich diszipliniert und ehrgeizig bin. Ich bin loyal zu meinen Freunden. Das war schon immer so. Ich bin derselbe Typ, nur auf einem anderen Spielplatz. Ich kann jetzt mehr arbeiten, immer größer werden.
Viele sagen über dich, dass du trotz dieses Wachstums immer bodenständig bleibst. Was hältst du selbst davon?
Das kann ich selbst nicht beurteilen. Es wäre ja arrogant, mich selbst als bodenständig zu bezeichnen. Außerdem: Man darf ruhig mal den Kontakt zum Boden verlieren, man darf nur seine Leute nicht unten vergessen.
Das Interview führte Kim Hase