Am 7. Mai kommt Bosse mit seiner „Übers Träumen“ Tour in die Wunderino Arena nach Kiel. Wie er seine Songs schreibt, was das beste am Touren ist und wie ein betrunkener Abend sein Album geprägt hat, erfährst du im exklusiven Interview.
KIELerleben: Hallo Bosse! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns nimmst. Letztes Jahr kam dein neues Album „Übers Träumen“ raus. Wie der Name schon sagt, steht das Träumen klar im Mittelpunkt. Was ist an dem Thema so bedeutsam für dich, dass du ihm ein ganzes Album gewidmet hast?
Erstens fand ich es irgendwie schön, nach so vielen Alben eins zu haben, das einen roten Faden hat. Und dann fand ich „Übers Träumen“ toll, weil es eben so vieles ist. Es gibt natürlich die Nachtträume, die ich aber gar nicht so meinte, und auch Traumdeutung meinte ich nicht. Das Thema, das ich super cool und vielfältig fand, war eher der gesellschaftliche Traum, der Zukunftstraum, die Hoffnung, das Verarbeiten und das Tagträumen. Grade Tagträume sind super wichtig für mich, weil sie Kraft und Power geben für den manchmal heftig schwierigen Alltag.
Da stimme ich dir total zu! Wie du gerade gesagt hast, ist das das erste Album, das du mit einem roten Faden geschrieben hast. Das hat sicherlich auch deinen Schreibprozess beeinflusst. Was war dieses Mal das Besondere bei der Entstehung des Albums?
Also einerseits ist so ein Überthema eine leichte Begrenzung und andererseits ein super gutes Spielfel in dem man sich austoben kann.. Sonst war es so, dass ich mich Song für Song mit einem neuen grossen Thema beschäftigt habe. Ne ziemlich lange Suche einfach. Diesmal war es klarer.
Heißt das, du möchtest so etwas in Zukunft auch öfter machen, oder war das eine einmalige Sache?
Die nächste Platte wird auf jeden Fall keinen textlichen roten Faden haben. Hatte ich ja grade. Aber sollte mir noch mal ein Konzept über den Weg laufen, warum nicht. Bei Album 15 vielleicht. Beim nächsten wird’s auf jeden Fall bunt gemischt.
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Ich bleibe nochmal ein bisschen beim Thema Songwriting. Als Songwriter teilst du ja auch zum Teil viel Persönliches und Intimes in deinen Songs. Wie ist das, so viel von dir selbst durch deine Musik zu teilen?
Das ist super spannend. Ich finde nämlich, beim Schreiben ist alles erlaubt. Und es ist so witzig, weil die Leute nie wissen, ob das jetzt wirklich ich bin, oder ob das einfach nur der Erzähler ist. Meine Musik ist auf jeden Fall keine komplette Biografie. Das Schöne am Schreiben ist ja, das oben drauf Erzählen oder Weglassen, und das mache ich eigentlich permanent.
Und ich habe immer dann das Gefühl, wenn ich wirklich mal persönlich werde, dass die Leute dann vor allem immer sich selbst sehen. Ich glaube, das macht Musik mit den Leuten. Das heißt, wenn ich ein Lied über den Abschied von meiner besten Freundin schreibe, dann sehen die Leute eher sich selbst am Flughafen stehen.
Das coole am Songwriting ist auch, dass sich total unterschiedliche Menschen mit deinen Texten identifizieren können.
Ja, das ist super schön! Ich habe eine Nummer auf dem letzten Album, die heißt „Vater“, da ist wirklich alles wahr. Und das ist einer der wenigen Songs, auf die ich überhaupt nicht privat angesprochen wurde. Dafür habe ich wirklich heftig viele Nachrichten bekommen von sehr vielen unterschiedlichen Menschen und ihren Familiengeschichten. Ich liebe mein Publikum und die Altersspanne geht von 7 bis ca 60. Ein bunter Haufen.
Gutes Gefühl für das Konzert in Kiel
Du gehst mit deinem Album bald auf Hallentour und kommst auch für ein Konzert zu uns nach Kiel. Was können die Fans von der Show erwarten? Und was erwartest du von Kiel?
Also, was die Leute erwarten können, ist, dass es uns wirklich Freude macht. Ich habe gerade in den letzten Jahren das Gefühl, dass jeder Abend im besten Fall so ist, als wäre es der erste Abend einer Tour. Das heißt, es macht im Moment allen so viel Spaß, dass es energetisch immer gut ist. Man hat ja manchmal das Gefühl, wenn eine Ami-Band in Hamburg spielt, dann ist das für die so ein Stopp irgendwo am Arsch der Heide, den sie gar nicht kennen. Und wir geben uns halt immer viel Mühe. Das heißt, wir sind frisch! Und in Kiel hatten wir schon so viele gute Abende mit so einer treuen Fanbasis, dass ich eigentlich immer ein sehr schönes und gutes Gefühl habe. Ich kriege super viele Nachrichten, wie viele Leute sich schon aufs Konzert freuen und wen sie mitbringen und das sind immer gute Anzeichen dafür, dass das ein ziemlich guter Abend werden könnte. Es wird immer viel getanzt, viel gelacht, manchmal wird auch ein bisschen geheult, aber vor allem viel getanzt!
Da können wir uns ja auf etwas freuen! Verspürst du denn manchmal auch den Druck, jeden Abend so high energy wie den ersten zu gestalten, auch wenn du selbst vielleicht mal nicht so viel Energie an dem Tag hast?
Bis auf Ausnahmen, bei denen ich mal rotzkrank ein Konzert gespielt habe und einfach nicht mehr konnte, weil ich total fiebrig war oder so, habe ich bisher einfach total Glück gehabt und hatte das einfach nicht. Es ist wirklich so, egal wie müde ich bin und egal wie viele Konzerte ich in den Knochen habe, das reicht immer völlig aus, um die zwei Stunden so super befreit zu tanzen.
Also ich habe manchmal schon Tage, an denen ich super müde bin und wo es total viel ist und wo sich alles ballt und verdreifacht, aber die zwei Stunden auf der Bühne sind dann so losgelöst von allem, das ist einfach so, und irgendwie kriege ich das immer hin, so auszusehen als wäre es der erste Abend. Naja, aussehen vielleicht nicht, aber so zu wirken (lacht).
Du hast ja auch letztes Jahr angefangen, Chöre einzuladen und mit ihnen aufzutreten, und wirst das auf der Tour auch tun. Wie bist du damals eigentlich auf die Idee gekommen?
Ich war in Berlin und wusste dann schon, das Album wird „Übers Träumen“ heißen und ich hatte schon das Lied „Ein Traum“. Dann saß ich im Studio mit einem Freund, und man muss sagen, das war so ein Einraumstudio, so ganz klein in einer Zweizimmerwohnung irgendwo in Berlin. Und dann habe ich ihm den Song vorgespielt und er meinte, das ist so Linie 1, oder wie so ein linksradikales altes Lied, das erinnert mich an irgendwas, vielleicht ist es auch Go West, aus der Kreisliga. Und ich hatte damals schon super viele Chöre gesungen. Dann habe ich gesagt, das muss irgendwie auch so alt klingen, und so träumerisch, und irgendwie muss es größer werden. Dann habe ich den Berliner Kneipenchor angerufen, mit dem ich schon öfter gearbeitet habe, und wir sind am selben Abend besoffen da vorbeigekommen und haben diesen Refrain zusammen gesungen. Und da ist irgendwas Gutes passiert und ich habe gemerkt, das Singen wird gerade wichtiger, aber auch älter, und klingt wie eine alte Melodie und irgendwie ist es so abgekoppelt von mir. Und das fand ich mega gut, und vor allem hat es auch Bock gemacht mit denen. Dann habe ich die auf sechs Songs eingeladen, weil ich dann wusste, das könnte jetzt auch eine Chorplatte werden. Mega! Das hatte ich auch noch nicht so.
1.000 Chorblätter verschickt
Ich kann mir auch vorstellen, dass es ein total tolles Gefühl ist, mit einem Chor auf der Bühne zu stehen.
Voll, ja! Und dann ging das eben so weiter. Und dann haben mich eben total viele Chöre plötzlich gefragt, ob es Noten gibt. Und ich habe so gedacht, keine Ahnung, kenne ich nicht, weiß ich nicht. Dann hat jemand aus dem Münchner Kneipenchor uns das notiert und wir haben das umsonst rausgegeben, und dann haben das alle geübt und so kam eins um anderen. Und mittlerweile, das ist jetzt kein Witz, ich glaube ich habe 1000 Chorblätter verschickt. Es gibt super viele Leute, die einfach gerne singen, und so ist das dann immer mehr geworden.
Richtig cool! Du hast ja dein Album vor ein paar Monaten schon auf Clubtour gespielt und im Sommer geht es auf Open Air Festivals. Abgesehen von der Größe der Hallen, wie unterscheiden sich diese Auftritte für dich?
Ich muss sagen, ob es eine Clubtour oder eine Hallentour ist, da gibt es einen Unterschied. Die Clubtour ist einfach so wie sonst. Also ich habe mir vor 20 Jahren nen Sprinter von einer Blumenhändlerin gekauft für 3000 Euro, und damit sind wir durch die Gegend gefahren. Und wenn wir Clubs spielen, dann fühlt sich das irgendwie so an wie damals. Wir fahren zwar mittlerweile mit einem Nightliner, aber auch das ist jetzt kein Nobelleben und man hängt dann da in diesen Läden ab und alles ist so ein bisschen kaputt und genau deshalb hat man angefangen. In Hallen ist es dann manchmal einfach größer, alles wird wichtiger, es sind mehr Technikerinnen und Techniker dabei und man hat das Gefühl, dass alles viel teurer ist, und die Verantwortung ist irgendwie groß. Der große Unterschied zu Festivals ist dann einfach, dass Festivals für mich wie Urlaub sind. Wir sind nämlich nicht die Gastgeber*innen, sondern wir sind eben selbst einfach zu Gast. Man hat gar keine richtige Verantwortung, außer dass man die Stunde, die man da spielt, richtig gut ist. Aber so eine Tour ist dann ganz schön viel. Also wenn ich in Kiel spiele, dann ist das mein Abend und die Leute haben Geld dafür ausgegeben, uns zu sehen und freuen sich da auch schon super lange drauf. Das ist anders als auf dem Hurricane zu spielen zwischen den Killers und Limp Bizkit oder so (lacht). Weißt du, was ich meine?
Ja, das verstehe ich auf jeden Fall.
Ja genau, und das Gefühl ist einfach anders.
Aber dann ist es ja auch richtig gut, dass du die Möglichkeit hast, alles irgendwie mal zu machen, gerade weil es auch alles total unterschiedlich ist.
Ja, voll.
Das waren auch schon meine Fragen. Vielen Dank nochmal für das tolle Interview und wir freuen uns, dich bald in Kiel sehen zu dürfen!
Ich habe mich total gefreut! Kiel wird super. Alle vorbeikommen... Danke!
Das Interview führte Victoria Uhl