Ohne Frage gehört US-Amerikaner mit der umfangreichen Kopfbedeckung zu den absoluten Größen des Jazz. Gestern Abend trat er in den Holstenhallen auf.
Mit ziemlich genau zwei Jahren und 15 Minuten Verspätung betritt Gregory Porter die Bühne. Die zwei Jahre, das ist klar, sind der Corona-Pandemie geschuldet. Die 15 Minuten rühren daher, dass manchen ganz banalen Problems auch Musik-Superstars nicht entgehen können. Die Airline hätte seine Koffer verloren, sodass Porter sich in einer Halle mit tausenden Koffern wiedergefunden und nach seinem Gepäck hätte suchen müssen. Und gegen die daraus resultierenden Rückenschmerzen stand noch eine Behandlung vor dem Konzert an.
Gefühlvolle Songs mit Tiefgang
Porter schöpft an diesem Abend aus dem Vollen und bietet dem Publikum in den Holstenhallen etwas aus jeder Ecke seines mächtigen Repertoires. So erklingen neben diversen fetzigen Nummern, die geprägt von teils fantastischen Instrumentensolos sind, auch immer wieder ruhige Songs.
Zu den emotionalen Höhepunkten gehören ganz bestimmt seine Intonation von „Moon River“, begleitet nur vom Piano und sein Vortrag von „Water under Bridges“. Immer wieder nimmt Porter sich dabei die Zeit, ein paar Worte zu einzelnen Songs zu verlieren. So gehe es für ihn persönlich in „Moon River“ weder um einen Fluss noch gehe es ihm, wie wohl ursprünglich von Johnny Mercer beim Schreiben des Songs beabsichtigt, um romantische Situationen. Er, Porter, denke beim Singen des Klassikers an seine Mutter.
Über „Water under Bridges“ lernt das Publikum, dass dieser Song auf den verstorbenen Bruder Porters zurückgehe, der versucht habe, Porter nach dem Ende einer Beziehung wieder aufzubauen.
Und auch sonst menschelt es sehr. Porter lobt Neumünster als schöne Stadt und ist sichtlich erstaunt über die doch zahlreichen Lacher aus dem Publikum. Er meine das durchaus ernst, erklärt Porter. Die, die da lachten, kämen bestimmt aus Hamburg oder so. Er möge Neumünster tatsächlich. Wer eine hässliche Stadt sehen wolle, solle sich einmal an seinen Heimatort (Bakersfield) begeben. Das beschert Porter nicht nur viel Applaus – damit dürfte sich der charismatische Bartion auch für die Ehrenbürgerwürde der Stadt qualifiziert haben.
Deutschland-Tournee im Herbst
Wer Gregory Porters Auftritt im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festival verpasst hat, muss sich nicht allzu lange grämen. Schon im Herbst dieses Jahres kommt Porter zurück nach Deutschland und spielt im November unter anderem in Lübeck, Hannover und Braunschweig.