Gelungene Premiere für die Tragikomödie „Ruhe! Hier stirbt Lothar“ am Kieler Schauspielhaus.
# Stehende Ovationen für Lothar
Gelungene Premiere für die Tragikomödie „Ruhe! Hier stirbt Lothar“ am Kieler Schauspielhaus.
Wie lebt man weiter, wenn man eigentlich schon längst hätte tot sein sollen? Vor dieser und weiteren essenziellen Fragen steht Lothar Kellermann (gespielt von Werner Klockow), Hauptfigur in Ruth Tomas „Ruhe! Hier stirbt Lothar“. Wir lernen Lothar während seines Aufnahmegesprächs in einem Hospiz kennen, womit schon vieles gesagt ist: Lothar, 59 Jahre alt, wird seinen 60. Geburtstag nicht mehr feiern, hat sich aber mit seiner Situation, so scheint es, abgefunden. Die von ihm aufgebaute Firma, einen Fliesenhandel, hat er genauso verkauft wie sein Haus. Den Erlös hat er dem Tierheim gespendet, in das er auch seinen geliebten Hund Bosko gegeben hat. Lothar ist bereit, zu gehen.
Doch dann kommt alles ganz anders. Der ihn im Hospiz behandelnde Ärztin (Isabel Baumert) kommen Lothars medizinischen Werte komisch vor und sie ordnet neue Tests an. Das Ergebnis: Fehldiagnose – Lothar muss nicht sterben! Was für jeden nach großartigen Neuigkeiten klingt, ist für Lothar eine Katastrophe. Wie soll es jetzt weitergehen?
Im Sterben wie auch in der „Wiederauferstehung“ wird Lothar begleitet von Rosa (Yvonne Ruprecht), die ebenfalls Patientin im Hospiz ist. Sie ist es, die Lothar nicht nur eine Freundin ist, sondern auch zur moralischen Instanz wird. Rosa baut ihn auf, schreckt aber auch, wann immer nötig, nicht davor zurück, dem verschlossenen Eigenbrötler die Leviten zu lesen.
Eine neue Dynamik entwickelt die Geschichte mit dem Auftauche von Lothars Tochter Mira (Nina Vieten). Lothars Ehe ist schon lange geschieden, seine Tochter und er haben sich entzweit. So sehr, dass Lothar seinen ehemaligen Mitarbeiter Manfred (Zacharias Preen) bittet, seine Trauerrede zu halten.
Auch, weil Lothar nach seinem Rauswurf aus dem Hospiz keinen anderen Ort mehr hat, müssen er und seine Tochter sich jedoch zusammenraufen. Besonders schwierig gestaltet sich dieser Schritt, weil Lothar nichts von Miras Freund Ansgar (Felix Zimmer), der ebenso wie seine Tochter in einer Unternehmensberatung arbeitet, hält – und auch keinen Hehl daraus macht.
Zimmers Ansgar ist es, der in einem an Humor nicht armen Stück für ein paar besondere Lacher sorgt. In schneller Folge kommen alle Klischees, die es über Unternehmensberater gibt, auf den Tisch und im Publikum lässt sich anhand der Intensität des Lachens schnell ausmachen, wer schon einmal (schlechte) Erfahrungen mit dieser Berufsgruppe machen durfte.
Obwohl das an dieser Stelle schon mehrfach gelobte Ensemble des Schauspielhauses auch an diesem Abend in seiner Gesamtheit hervorragend funktioniert und harmoniert, ist es hauptsächlich Werner Klockow, der diese Inszenierung zu einem grandiosen Erfolg werden lässt.
Die Mischung Tomas Figur, Volker Schmalöers Regie sowie Kerstin Daibers dramaturgischer Bearbeitung und Klockows Interpretationen passen so gut zusammen, dass es schwerfällt, die richtigen Worte zu finden. Vielleicht so: man stelle sich vor, der große Loriot hätte Bill Murray eine Rolle auf dessen Leib geschrieben. Mit so großer Beobachtungsgabe und einem feinen Gespür für Details hat Toma ihren Lothar herausgearbeitet, mit viel Liebe zum Detail lassen Schmalöer und Daiber ihn die Bühne und das Publikum für sich vereinnahmen und mit so großer Leichtigkeit schlüpft Klockow in diese ganz bestimmt nicht leichte Rolle, reicht ihr Spektrum doch vom empathielosen Arschloch bis zum liebenswerten Vater.
„Ruhe! Hier stirbt Lothar“ lehrt manches über das Sterben und den Tod, noch mehr aber über das Leben.
Das Theater Kiel zeigt das Stück sechsmal im Dezember und an zahlreichen weiteren Terminen im Januar, Februar, März und April. Karten gibt es unter www.theater-kiel.de oder telefonisch unter 0431 - 901 901.