Den meisten ist sie als „Werner-Kneipe“ ein Begriff: die Erbse in der Calvinstraße. Doch das Lokal ist mehr als das. Wirt Asterx hat für dieses Jahr noch das eine oder andere Schmankerl im Programm.
Wer zum ersten Mal die „Erbse“ in der Calvinstraße betritt, fühlt sich, als betrete er ein kleines Museum. Kein Wunder, immerhin gibt es die „Kultkneipe“, wie der Laden sich zu Recht auf den ausliegenden Stickern selbst betitelt, doch bereits seit 1978. „Genau genommen seit dem 03. Mai 1978“, präzisiert Asterx Erbse. Ja, der Mann heißt wirklich so – jedenfalls steht der Name in seinem offiziellen Personalausweis – und an dieser Detailversessenheit merkt man sofort, mit welchem Enthusiasmus der 45-Jährige die Geschicke des urigen Lokals am Kieler Südfriedhof leitet. Dabei ist Asterx erst seit knapp eineinhalb Jahren das Gesicht der Erbse. „Der Laden musste ja weiterleben“, sagt er fast so, als ob er keine andere Wahl gehabt hätte. Aber man merkt ziemlich schnell: Asterx und die Erbse – das wirkt wie gesucht und gefunden. Und wenn der Wirt wie seine Kneipe heißt, dann scheint es auch so zu sein.
Die Kneipe sei eben wirklich Kult, „ein Stück Kieler Geschichte“, wie Asterx betont. Tatsächlich spielt die Erbse insbesondere im Werdegang einer berühmten norddeutschen Personalie eine gewichtige Rolle: Comicfigur „Werner“, die hier sozusagen ihre ersten Schritte machte. Denn Ende der 70er Jahre ging sein Erfinder Rötger Feldmann alias Brösel in der Kneipe ein und aus und bezahlte die Miete für seine sich im selben Haus befindliche Wohnung in Form von Zeichnungen. Noch heute ziert Werner die Wände der Erbse. So erlangte das Lokal den Ruf als „Werner-Kneipe“ und einen hohen Bekanntheitsgrad auch über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus. „Das wollte ich unbedingt bewahren“, erklärt Asterx, während er den Schrein öffnet, der mit Werner-Büchern und -Fanartikeln gefüllt ist. Auf Flohmärkten halte er häufig Ausschau nach weiteren Accessoires der Comicfigur, um die Sammlung weiter zu ergänzen. Passend dazu findet monatlich ein Abend rund um die Band Torfrock, die für den Werner-Kultsong „Beinhart“ sorgte, sowie einmal im Jahr die offizielle Prömpel-Weltmeisterschaft in der Kneipe statt.
Doch die Erbse ist mehr als nur Werner. Sie ist Heimathafen für viele Kieler, aber auch für die Weggezogenen, die immer wieder gern in ihre frühere Stammkneipe zurückkehren. Sie ist Treffpunkt von zwei politischen Parteien, die hier regelmäßig ihren Stammtisch abhalten. Sie ist der Ort, an dem man gemütlich eine Runde Billard oder Darts spielen kann, während im Hintergrund Vinyl aufgelegt wird. Sie ist Trikotsponsor des Football-Teams Baltic Hurricanes II. Sie ist mit einer kleinen Bühne Location für Konzerte, die immer wieder hier stattfinden. Und sie ist natürlich der Ort für besondere Veranstaltungen. So gibt es neben dem stets donnerstags musizierenden Irish Folk Stammtisch auch Single-Partys mit „Ja, Nein, Vielleicht“-Ankreuzzettelchen, Pyjama-Partys oder auch „Bartys“, bei denen jeder Gast einen Bart tragen muss.
Zur Erbse gehört auch Harry Schmidt alias Big Harry, der spätestens durch Big Brother im Jahr 2000 überregionale Bekanntheit erlangte. Der gelernte Schlachter und Koch aus der Nähe von Gelting ist seit 1987 mit „Big Harry’s Band“ unterwegs und schon öfter in der Erbse aufgetreten. Aber auch sonst schaut Harry häufig vorbei und greift dann spontan zur Klampfe. „Das stört hier niemanden. Ganz im Gegenteil“, freut sich der 57-Jährige über die bunte Mischung an Gästen. „Für mich ist das ein Rückzugsort vom Alltagsstress“, erklärt Big Harry, der seit 2002 den gleichnamigen Kneipier im „Großstadtrevier“ mimt. So kommt es auch, dass montags um 18.50 Uhr kollektives „Großstadtrevier“-Schauen angesagt ist.
Doch Asterx steht seinem Kumpel Harry in dieser Beziehung in nichts nach. Auch er ist regelmäßig als Schauspieler aktiv und stand schon mit Größen wie Jürgen Vogel, Armin Rohde, Michael Kessler oder Martin Schneider vor der Kamera. Zuletzt war er in „Timebreakers“ zu sehen, der in der Erbse als DVD erhältlich ist. Zudem wird der Tausendsassa regelmäßig als Feuerspucker gebucht.
Wenn man diese beiden Originale eine Zeit lang gemeinsam erlebt, merkt man, dass sie weiterhin nur so vor Tatendrang sprühen. Da verwundert es kaum, dass bereits neue Aktionen und Projekte geplant sind. Ab sofort bietet Harry in der Erbse Gitarrenunterricht an, zu dem sich Interessierte direkt vor Ort anmelden können. Zudem wird der Erbse-Channel auf Youtube durch eine Kochshow ergänzt, in der Asterx und Harry von nun an einmal pro Woche zu sehen sein werden. Nach der ersten Folge, in der die beiden Kumpels Kohlpudding kochen, darf man gespannt sein, wie es weitergeht.
Apropos Kochen: In der Erbse gibt es nicht nur grünen Erbsenschnaps und Likör aus einem Marmeladenglas, der wie Selbstgebrannter anmutet, sondern auch ständig wechselnde Gerichte. „Wir versuchen, möglichst viel selbst herzustellen“, berichtet Asterx, dass beispielsweise Burgerbrötchen und die dazugehörige Sauce hausgemacht seien. Zudem besorgte er sich das Originalrezept der berühmten Zwiebelsuppe von einst, die jetzt wieder auf der Speisekarte steht. Neu ist auch das Frühstück, was ab sofort am Wochenende angeboten wird.
Das alles macht Lust auf eine Stippvisite in der Erbse – ebenso wie der Ausblick auf weitere Highlights. Am 12. August steht wieder das Straßenfest mit buntem Programm an. Zudem findet am 1. Juli in der Kneipe die Wahl zur Miss Tattoo Schleswig-Holstein statt, bei der auch die amtierende Miss Tattoo Germany, Nina Holly, vor Ort sein wird. Auch dieses Event bestätigt den Eindruck: Die Erbse ist keine gewöhnliche Kneipe.
Erbse
Calvinstraße 20, Kiel
Tel.: (0431) 69 12 35 70
kult@erbsekiel.de
www.erbse-kult.de