Zwei Jahre lang hat das weltweit tätige dänische Planungsbüro Rambøll im Auftrag der Landeshauptstadt Kiel untersucht, ob in Kiel ein Tram- oder ein Bus-Rapid-Transit-System (BRT-System) eingeführt werden soll. Die Ergebnisse sprechen nun eine eindeutige Sprache.
Für die Bewertung wurden über 40 Merkmale unter anderem in den Kategorien Nutzungsfreundlichkeit, Betrieb, Kosten und Umwelt aufgestellt. In vielen sind Hinweise aus den Beteiligungsverfahren enthalten. Während die Nutzungsfreundlichkeit in beiden Systemen fast gleich ist, schneidet die Tram bei den langfristigen Betriebskosten günstiger ab. Bei den Investitionskosten ist das BRT zwar um ein Viertel billiger, aber der volkswirtschaftliche Nutzen der Tram liegt höher: Für jeden Euro, den die öffentliche Hand in die Tram investiert, wird ein volkswirtschaftlicher Nutzen von 1,47 Euro erwartet (beim BRT-System nur 1,10 Euro). Dazu kommt die Bundesförderung: Berlin beteiligt sich finanziell nur an Schienensystemen und dann mit bis zu 75 Prozent. In der Kombination mit einer Zusatzförderung des Landes könnte Kiel hier sogar eine Förderquote von bis zu 90 Prozent erreichen. Das BRT-System müssten die Landeshauptstadt Kiel und das Land demgegenüber allein finanzieren. Auch beim Thema Umwelt schneidet die Tram etwas besser ab: Während beim BRT für die Trasse große Flächen versiegelt werden müssten, können für die Tram in weiten Teilen Rasengleise eingesetzt werden. Der Flächenbedarf ist insgesamt geringer.
„Die vorliegende Trassenstudie ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem modernen und attraktiven ÖPNV. Für viele, die heute noch auf das Auto angewiesen sind, kann eine Stadtbahn eine echte Alternative sein. Planung und Bau werden eine Herkulesaufgabe. [...]",
sagt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer.
Tram schneidet in allen untersuchten Kategorien besser ab
Länge: Trams sind in der Regel länger und können mehr Fahrgäste mitnehmen als das BRT-System. Für Kiel ist der Einsatz von Fahrzeugen mit 45 und 54 Metern Länge vorgesehen, während bei BRT-Fahrzeugen maximal 25 Meter technisch möglich und rechtlich zulässig sind. Eine Tram kann durch Module unterschiedlich lang sein, das BRT-Fahrzeug bleibt immer bei 25 Metern und kann deshalb weniger Fahrgäste mitnehmen. Folgen: Das BRT-System muss in der Hauptverkehrszeit sehr oft fahren, was an störanfälligen Knotenpunkten mit verschiedenen Verkehren schnell zu erheblichen Problemen führen kann. Außerdem ist absehbar, dass bei steigender Nachfrage ein weiterer Ausbau des BRT-Systems kaum mehr möglich ist.
Trasse: Sie kann bei der Tram begrünt werden. Es lassen sich überall dort Rasengleise verlegen, wo der Gleiskörper nicht überfahren werden muss. Ein BRT-System braucht eine durchgehende Betonfahrbahn, da Asphalttrassen aufgrund des Gewichts der Fahrzeuge viel häufiger instandgesetzt werden müssten.
Energie: Die Tram wird nach derzeitigem Planungsstand über Oberleitungen mit Strom versorgt, in Ausnahmefällen ist auch ein oberleitungsfreier Betrieb möglich. Das BRT-System kann über längere Strecken als die Tram auf eine Oberleitung verzichten und zum Beispiel in der Innenstadt nur mit Batterie fahren. Die technologische Entwicklung wird aber im Blick behalten und soll fortlaufend im Kieler Projekt Berücksichtigung finden.
Barrierefreiheit: Beide Systeme werden vollständig barrierefrei geplant und gebaut. Die Tram hat hier leichte Vorteile, weil zum Beispiel im Innenraum mehr Flächen für Fahrgäste mit Rollstuhl oder Kinderwagen zur Verfügung stehen.
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Kosten betragen knapp 1 Milliarde Euro
Da das Netz in Etappen eröffnet werden soll, ergibt sich folgende Aufteilung: Die absoluten Investitionskosten für das BRT-System liegen für die erste Inbetriebnahmestufe (IBS) bei ca. 260 Mio. Euro, für die zweite IBS bei ca. 206 Mio. Euro und für die dritte IBS bei ca. 277 Mio. Euro. Die Tram ist über alle Investitionskosten gesehen insgesamt etwa 25 Prozent teurer und umfasst für die erste Inbetriebnahmestufe (IBS) ca. 347 Mio. Euro, für die zweite IBS bei ca. 271 Mio. Euro und die dritte IBS bei ca. 366 Mio. Euro.
So geht es weiter
Die Trassenstudie wird am Mittwoch, 5. Oktober, um 16 Uhr im Beirat für Mobilitätswende im Forum für Baukultur vorgestellt. Am Freitag, 7. Oktober, findet dann ab 18 Uhr im Ratssaal eine Bürger*inneninformation statt, in der die Ergebnisse der Trassenstudie für die Öffentlichkeit präsentiert werden. Wiederum im Ratssaal tagen am 26. Oktober ab 18.30 Uhr der Bau-, Wirtschafts- und Innen und Umweltausschuss in einer gemeinsamen Sitzung, um eigens über die Trassenstudie zu beraten. Am Ende entscheidet am 17. November die Ratsversammlung. Danach beginnen weitere Planungen und die Bauphase, so dass die erste Linie im Idealfall zwischen 2033 und 2034 in Kiel in Betrieb genommen werden kann.