In der extra für die Kieler Oper überarbeiteten Fassung weiß das Theater Kiel spartenübergreifend zu glänzen und zu begeistern.
Es ist die vielleicht beste, sicherlich aber die bekannteste Oper überhaupt. Selbst, wer mit klassischer Musik oder der Oper nichts am Hut hat, kennt zumindest einzelne Passagen aus Mozarts letztem Opernwerk – wenn auch vermutlich nicht namentlich. Spätestens aber der Auftritt der Königin der Nacht mit „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“ ist der Inbegriff einer Arie schlechthin und ist ähnlich unverwechselbar wie Beethovens „Ba-Ba-Ba-Baaa“.
Anders als bei der jüngsten Opern-Premiere in Kiel, „Cosi fan tutte“, ist dieses Mozart-Werk inhaltlich wie musikalisch merklich komplexer. Pamina, die Tochter der Königin der Nacht, wurde von Sarastro, dem Priester der ägyptischen Götter Osiris und Isis, entführt. Mehr zufällig denn gewollt fällt dem Prinzen Tamino die Rolle zu, Pamina aus den Fängen Sarastros zu befreien. Einem weiteren Zufall ist es zu verdanken, dass ihm der kauzige Vogelfänger Papageno bei dem gefährlichen Unterfangen zur Seite steht. Tamino ist schon vom Anblick eines Bildes Paminas so verzückt und verliebt, dass er sich, ausgerüstet mit der titelgebenden Zauberflöte, auf den Weg macht.
Natürlich gelangt das ungleiche, dynamische Duo zur Prinzessin. Hier aber endet lediglich der erste Aufzug. Im zweiten Teil des 1791 uraufgeführte Singspiels gilt es für die beiden, drei Prüfungen zu bestehen, während derer auch Papageno die große Liebe findet.
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„Ach, Scheiße! Das Ding ist kaputt!“
Genaue Zahlen existieren freilich nicht, es ist aber davon auszugehen, dass keine Oper öfter aufgeführt wurde und immer noch wird als „Die Zauberflöte“. Da ist es nicht einfach, dem Weltwerk noch eine eigene, nie dagewesene Note zu verpassen. Genau das aber gelingt dem Theater Kiel mit dieser Inszenierung. Roland Schimmelpfennig, einer der meistgespielten Gegenwartsdramatiker im deutschsprachigen Raum, hat sich des Librettos, also dem Urtext, aus der Feder von Emanuel Schikander angenommen und ihn überarbeitet. Dabei herausgekommen ist eine exklusiv für Kiel geschriebene Dialogfassung, die dem Theater eine wahre Herausforderung beschert, aber auch eine grandiose Inszenierung ermöglicht.
Praktisch jede Figur der „Zauberflöte“ ist in dieser Fassung der Oper doppelt besetzt. Jeweils mit einem Schauspieler/einer Schauspielerin und einer Sängerin/einem Sänger, die in aller Regel sogar zeitgleich auf der Bühne agieren und der Oper unter der Regie von Generalintendant Daniel Karasek so eine weitere Ebene, gelegentlich sogar mehr Tiefe schenken. Auch und gerade, weil die Schauspieler:innen nicht nur das gesungene Wort darstellerisch begleiten. Sie fungieren auch als innere Stimme, als zweites Ich, und führen so immer wieder mal dramatische, mal komische Szenen herbei.
Zu einem echten Erfolg wird das fantastische Vorhaben durch das großartige Zusammenspiel der jeweiligen Doppelbesetzungen. Der Oper entsprechend glänzen hier allen voran Samuel Chan und Marko Gebbert als Papageno, Michael Müller-Kasztelan und Tristan Steeg als Tamino sowie Vigdis Bergitte-Unsgård und Hannah Rebekka Ehlers in der Rolle der Pamina. Ein ganz besonderes und gemessen an ihrer Rolle überraschend humorvolles Paar bilden außerdem Fred Hoffmann und Felix Zimmer als Sarastros Oberaufseher Monostatos.
Darüberhinaus sind vor allem die Sangesleistungen von Kammersänger Jörg Sabrowski (Sarastro) und Xenia Cumento (Königin der Nacht) eine große Freude. Die dazugehörigen Schauspieler:innen Christian Kämpfer und Agnes Richter überzeugen ebenfalls, haben in dieser Inszenierung jedoch weit weniger Raum zum Glänzen als ihre singenden Gegenstücke. Überhaupt ist die Kieler „Zauberflöte“ einmal mehr ein beeindruckender Beleg für die Klasse des Kieler Theaters, das in allen Bereichen hervorragend aufgestellt ist. Das gilt über die genannten hinaus für alle Besetzungen der weiteren Rollen ebenso wie für den Opernchor unter der Leitung Gerald Krammers und das Philharmonische Orchester, das an diesem Abend von Sergi Roca Bru dirigiert wurde.
Fun fact: Da diese am 11. Dezember 2021 uraufgeführte Inszenierung der „Zauberflöte“ während einer der Hochphasen der Corona-Pandemie entstand, sucht man das Orchester vergeblich an seinem angestammten Platz, dem Orchestergraben. Dieser ist überbaut und vergrößert die Bühne. Das Orchester befindet sich verdeckt von einem durchsichtigen Vorhang im hinteren Bereich der Bühne.
Wer sich das Spektakel, das durchaus das Potenzial hat, auch Neulinge und Skeptiker von der Oper als Kunstform zu überzeugen, nicht entgehen lassen will, hat dazu an zunächst sieben weiteren Terminen die Chance: am 6.11., 16.12. und 25.12. in diesem, sowie am 22.01., 18.03., 28.05. und 01.06. im nächsten Jahr. Karten gibt es ab knapp 20 Euro auf www.theater-kiel.de oder telefonisch unter 0431 - 901 901.